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#trostkochen: Teil VII der Foodblogger-Soli-Rezeptsammlung für Zusammenhalt und Appetit: Großbritannien

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Die von Peggy Schatz vom Blog "zubehmend wild" ins Leben gerufene Rezeptsammlung #trostkochen für vom Corona-Virus besonders betroffene Länder wird jetzt im Blog "USA kulinarisch" fortgesetzt. Heute erschien Großbritannien. Über 70 Foodbloger steuerten entsprechende Rezepte dazu bei.

"Genussbereit" ist mit dem Rezept für "Hotch Potch" dabei, ein Lammeintopf mit Steckrüben, den David Bowie besonders gern gegessen hat. klick hier.

Zur gesamten Rezeptsammlung #trostkochen Großbritannien klick hier

Neu in Essen: Mama San

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Essen, jenseits des Limbecker Platzes. Ob der schmucke, noch von Baustellen umgebene Neubau des Flowers Hotels das städtebauliche Post-Nachkriegszeit-Tohuwabohu Anfang der Frohnhauser Straße wirklich aufwerten kann, bleibt abzuwarten. Das sich im Erdgeschoss befindliche Gastro-Ensemble mit dem asiatischen Restaurant „Mama San“ samtBar/Lounge könnte mit seiner exotisch-chicen Einrichtung dem Essener Westend jedenfalls jenen weltläufigen, urbanen Charme einhauchen, der heutzutage so im Trend liegt.

Urbanität im Essener Westend

Hinter dem „Mama San“ stecken die Gastronomen Spiridon Soukas und Christian Blech, die schon mit dem „Mongo’s“ erfolgreich ein asiatisch inspiriertes Gastro-Konzept auf die Beine gestellt haben. Kamen sie da weitgehend ohne ein Koch aus, weil sich die Gäste die rohen Zutaten selbst aussuchen können, die dann auf eine heißen Platte kurz fertig gebraten werden, haben sie für des „Mama San“ mit Jürgen Kettner einen Küchenchef engagiert, der sein Handwerk im Kettwiger 2-Sterne-Restaurant „Résidence“ gelernt und beim Sterne-Koch Robin Pietsch in Wernigerode gearbeitet hat.

Für das „Mama San“ wurde eine Speisekarte kreiert, die sich an der vietnamesisch-indochinesisch-japanischen Streetfood-Küche orientiert. Sie dreht sich um die sog. Sticks, kleine Spieße mit auf dem japanischen Robatagrill zubereiteten verschiedenen Fleischsorten. Die Sticks können als Vorspeisen einzeln bzw. als „Combo“, als Banh Mi (vietnamesische Baguette/Burger-Füllung) oder als Fleischbestandteil verschiedener Hauptgerichte gegessen werden, gemeinsam mit diversen Saucen und Beilagen.

Vor etwa zehn Tagen hat das „Mama San“ eröffnet und ist trotz der Corona-Auflagen sensationell eingeschlagen. Dennoch hatte der Genießer mit seinen beiden Mitstreitern das Gefühl, den Laden zu früh besucht zu haben. Eine wirkliche Routine hatte sich noch nicht eingestellt. Zwar waren die jungen Servicekräfte zuvorkommend und nett, aber unter den heruntergeklappten Corona-Visieren wollte sich eine rechte Herzlichkeit nicht einstellen. Und auch was die Speisen angeht, gab es noch viele Unsicherheiten. Nicht, dass das Essen nicht schmeckte. Aber weder in der geschmacklichen Komposition noch in der handwerklichen Zubereitung war die Handschrift eines Koches aus der Sterneküche zu finden, sondern es herrschte eine z.T. ängstliche Orientierung an der Nummer-Sicher-Küche der Systemgastronomie.

Immerhin waren Küche und Service an der ehrlichen Meinung der Gäste sehr interessiert, man will ja lernen. Sicherlich ist das „Mama San“ einen zweiten Besuch wert. Und denn stellen sich vielleicht ähnlich gute Erinnerungen ein wie an das ähnlich gelagerte „Kushitey“ in Düsseldorf (klick hier).




Unser Menü

Gruß aus der Küche
Knusprige hohle Bällchen mit Curry-Mayo

Stick Combo
Darkside of meat
Rinderfilet, Entenbrust, grüner Spargel, Lammkarree und Schweinebauch
Das Lammkarree hatte unerwarteten Knorpel, der Schweinebauch war bis zur Trockenheit gegrillt.

Edamame
Mit Furikake, Szechuanpfeffer und japanischem Meersalz gewürzte Bohnen.
Zum aus der Schote Zutzeln

Spring Rolls hausgemacht
Unspektakulär mit Hähnchen, Sprossen und Karotten gefüllt

Gyoza
Mit Hähnchen und Frühlingslauch gefüllte japanische Ravioli.

Asian Kimchi Cole Slaw
Fermentierter Rotkohl mit Cashew-Nüssen und Ingwer.
Lecker

Roman Dal
Salat aus bunten Linsen, Römersalat und Fenchel mit Kurkumadressing.
Lecker

Maniok Fries
Mit den berühmten Five Spices gewürzte ausgebackenes Maniokwurzeln.
Dicke Pommes.

Biryani Reis
Basmati Reis mit Rosinen, getrockneten Feigen, Cashewkernen, Erbsen, Karotten und Mandeln. Lecker.

Hauptgang
Crunchy Crab
Im Tempurateig ausgebackene, auch Butterkrebs genannte (Kyoto)Soft Shell Crabs mit Ingwer Aioli, Koriander, Hot‘n Green, Gemüsetempura.
Die Soft Shell Krabben waren sehr zart, der Gemüsetempura fehlte die handwerkliche Rafinesse.

Dessert-Variation
Maracuja Cheesecakecreme mit Mangochutney, Frozen Kaffir Kalamansi Tarte mit Tonkabohneneis, Kokosnusseis mit Muscovado Crumble.
Zum Abschluss was Süßes.

Cocktail
Mango Dragon Crush
Alkohohlfreier Cocktail mit Ananas, frische Mango und Minze.
Mit dem Glas-Strohhalm zu schlürfen.

Mama San, Frohnhauser Str. 55, 45127 Essen. Speisekarte und Reservierung hier klicken.

Privater Besuch.

Saison auf dem Balkon: Gebratener Matjes auf Dicken Bohnen

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Da ist der Genießer mal fremdgegangen. Statt bretonische Buttersardinen auf grünen Linsen gab’s gestern gebratenen Matjes aus Holland auf dicken Bohnen. Während Sardinen und Linsen Konserven bzw. getrocknet sind und deshalb im Vorratsschrank liegen bleiben können, muss man diese beiden Zutaten genau jetzt frisch essen. Sie haben schließlich Saison.

Matjes-Doppelfilets

Matjes ist in Salz fermentierter junger, noch nicht geschlechtsreifer Hering, der normalerweise so wie er ist mit haufenweise rohen Zwiebelringen verschlungen wird. (Das Hochamt für diese kulinarische Sitte im Ruhrgebiet, das Matjesfest in Duisburg, fällt dieses Jahr corona-bedingt leider aus.) Doch das ist nicht unbedingt des Genießers Fall, denn die ätherischen Öle der Zwiebeln vernebeln ihm gern die Synapsen und verursachen deshalb Kopfschmerzen. Deshalb wollte ich den Fisch diesmal braten, eine Vorgehensweise, die fundamentalistischen Matjes-Essern nur ein gelindes Kopfschütteln verursacht. Ich fand diese Zubereitungsart allerdings sehr gelungen und lecker.



 Nichts für faule Köche:
Von einem großen Haufen Dicke Bohnen bleibt nicht viel übrig.

Als Gemüsebasis sollte es Dicke Bohnen. Auch diese köstlichen Dinger haben jetzt Saison. Eine andere Bezeichnung ist Saubohnen, doch eine Sau bekommt man davon kaum fett, es sei denn, man verfüttert die Schoten, nachdem man die grünen Bohnenkerne herausgeholt hat. Denn es bleiben fast 90 Prozent Abfall zurück. Ich hatte über 1,5 Kilogramm Bohnen auf dem Markt gekauft. Nach dem Palen blieb aber kaum eine Portion Kerne übrig, die für eine Person reichte. So verlängerte ich sie mit Pancetta- und Kartoffelwürfelchen. Zudem ist das Zubereiten von Dicken Bohnen nichts für faule Köche. Ich musste jeden einzelnen Bohnenkern noch einmal in die Hand nehmen, um – nachdem ich sie in drei Minuten in kochendem Salzwasser blanchiert hatte – aus der sie umgebenden Lederhaut zu drücken. (Unsere Omas haben das leider nie getan, und uns in unserer Kindheit diesen delikaten Genuss gründlich verleidet.)

Ich schmeckte das Ganze sanft mit Orange, Ingwer, Knoblauch und Bohnenkraut ab, was dem Gericht eine frische fruchtige Note gab. Dazu trank ich einen Salice Salentino aus dem Kühlschrank - herrlich. Weniger hartgesottene Freunde des süditalienschen Rotweins werden allerdings einen fruchtigen Weißen bevorzugen.


Rezept: Gebratener Matjes auf Dicken Bohnen

Pro Portion:
1,5 kg Dicke Bohnen
1-2 Matjes-Doppelfilets
2 festkochende Kartoffeln
30 g Pancetta oder anderen durchwachsenen Speck
1 Knoblauchzehe
1 Stückchen Ingwer
2 Stängel Bohnenkraut oder ½ TL getrocknetes Bochnenkraut
Saft einer Orange
etwas abgerieben Orangenschale
Pfeffer, Salz, Mehl
evtl. Bratfett

Zum Garnieren:
1 Kumquat, in Scheiben geschnitten
1-2 dünne Scheiben Ingwer
½ rote Zwiebel, die hauchdünne Ringe geschnitten

Dicke Bohnen aus den Schoten befreien. Kerne 3 Minuten in kochendem Salzwasser blanchieren, bis die Lederhaut schrumpelig wird. Abgießen und kalt abschrecken. Grüne Bohnenkerne aus der Lederhaut drücken.
Kartoffeln schälen und in Würfel schneiden, die so groß wie die Bohnenkerne sind. Speck genauso würfeln.
Doppel-Matjesfilets teilen und kurz abwaschen und trocknen. Mit Orangensaft beträufeln und pfeffern. (Salzen ist nicht nötig, da der Matjes salzig genug ist.) Leicht in Mehl wälzen.
Speckwürfel in einer Pfanne auslassen. Matjesfilet dazu geben und mit den Speckwürfeln knusprig braten. Beides aus der Pfanne nehmen und warm stellen.
Zwiebelringe, Kumquat- und Ingwerscheiben leicht anbraten, aus der Pfanne nehmen und warm stellen. Evtl. etwas weiteres Bratfett in Pfanne geben und die Kartoffelwürfel dazu geben. Knoblauch und Ingwer darüber reiben, abgerieben Orangenschale und abgezupftes Bohnenkraut darüber streuen. Pffern, salzen und die Kartoffelwürfel knusprig braten. Kurz vor Schluss die Bohnenkerne dazu geben, alles gut vermischen und fertig braten.

Auf vorgeärmte Teller geben. Gebratenen Matjesfilets darauf geben und mit den Zwiebelringen, Kumquat- und Ingwerscheiben garnieren.


 Abends auf dem Südbalkon

Saison auf dem Balkon: Zwei Mal Maiwirsing, einmal mit Kumquats und Bandnudeln und einmal gebraten mit Kartoffeln, Orangen und Orangen-Sauce nach Tzatziki-Art

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Noch kurz vor Saisonende ergattert:
Maiwirsing vom Bochumer Wochenmarkt

Eigentlich ist Wirsing wie auch andere Kohlsorten eine Vitamin-C-Schleuder für Herbst und Winter. Der Maiwirsing ist jedoch eine Sorte, die erst (oder schon) im Frühjahr erntereif ist. Hauptsorte ist dabei er sog. „Bonner Advent“, der besonders im nordrhein-westfälischen Rheinland angebaut wird. Als schützenswerte regionale Spezialität ist der „Bonner Advent“ Passagier der „Arche des guten Geschmacks“ von Slow Food (klick hier).

Die Saison des Maiwirsings geht in der Regel bis zum ersten hochsommerlichen Hitzeausbruch. So war ich froh, am letzten Samstag noch einen der letzten Köpfe aus Eigenproduktion am Stand von Wilhelm Weitz auf dem Bochumer Wochenmarkt ergattern zu können. Die äußeren dunkleren Blätter hatte der Händler bereits entfernt, sie waren wohl schon zu welk und locker geworden. Aber der hellgrüne zarte Kern, für den der Maiwirsing besonders bekannt ist, war noch tadellos, und von der Größe her reichte er allemal für den Single-Haushalt des Genießers. Es kamen sogar zwei Gerichte dabei heraus.


 Zum Anschmoren: Schmalz- und Fond-Rest vom Entenconfit

Der Maiwirsing war so zart, das ich darauf verzichtete, ihn vor der Weiterverarbeitung zu blanchieren. Es reichte, ihn anzubraten. Dazu hatte ich etwas ganz Besonderes. Als ich vor Monaten ein paar Gläser Entenconfit herstellte, blieb etwas vom Schmalz übrig, in dem ich die Entenschlegel erst gegart und dann eingemacht hatte. Als das Schmalz aushärtete, schied sich ein würziger Entenfond ab, der im Kühlschrank gelierte und eine Ewigkeit haltbar war. Es sei denn, ich benutzte ihn, um meinen Gerichten eine wunderbare Umami-Note zu geben, so wie jetzt. Normalerweise reicht für die unten angegebenen Rezepte aber auch (vegetarisches) Rapsöl.

Wie der Kohl, sind Orangen eigentlich auch Winterfrüchte, die ebenfalls für die Vitamin-C-Versorgung in der Weihnachtszeit zuständig sind. Dennoch sind goldigen Zitrusfrüchte auch der Inbegriff von Sommersonne, und so passen sie optisch ganz wunderbar auf den Esstisch auf meinem Südbalkon. Für die beiden Maiwirsing-Gerichte verarbeitete ich sie in zwei Erscheinungsformen. Einmal als normale Orange, dann in der Miniaturausgabe der ostasiatischen Kumquat.

Hier also die Rezepte für zwei herrlich fruchtige Maiwirsing-Rezepte mit Orangen.



Rezept: Maiwirsing mit Kumquats und Bandnudeln
2 Portionen

300 g Maiwirsing
120 g Pancetta oder anderer durchwachsener Speck
Rapsöl
1 Knoblauchzehe, halbiert
4 dünne Scheiben Ingwer
Je 1 MSP Kümmel und Fenchelsamen
4 Kumquats
abgeriebene Schale von ½ Orange
1 Ei
2 gehäufte EL geriebener Parmesan
Je 1 MSP weißer Pfeffer, geriebene Muskatnuss, gemahlene Koriandersaat
250 g Bandnudeln
Salz
Gehackte Petersilie, Pfeffer aus der Mühle

Kumquats heiß überbrühen und samt Schale in dünne Scheiben schneiden. Maiwirsing in Streifen schneiden, die so breit wie die Bandnudeln sind. Speck klein würfeln.
Speckwürfel in einer Pfanne auslassen. Kumquatscheiben darin abraten und herausnehmen. Wirsingstreifen, Knoblauch und Ingwerscheiben dazu geben, alles scharf anbraten. Abgeriebene Orangenschale, Kümmel und Fenchelsamen und 2-3 EL Wasser hinzugeben, mit Deckel etwas schmoren lassen. Aufpassen, dass der Wirsing nicht zu weich wird.
Bandnudeln nach Packungsvorschrift in gut gesalzenem Wasser al dente kochen. Abgießen und 1 Tasse Nudelwasser zurück behalten. Nudeln zum Wirsing geben und kurz mitbraten. Von der Herdplatte nehmen und etwas auskühlen lassen.
Ei mit Parmesan, weißem Pfeffer, Muskat und Koriandersaat verschlagen. Über die etwas abgekühlten Wirsingnudeln geben, evtl. mit Nudelkochwasser geschmeidig machen.
Sofort auf vorgewärmte Teller geben. Mit Kumquatscheiben und gehackter Petersilie garnieren. Evtl. Pfeffer aus der Mühle drüber geben.




Rezept: Gebratener Maiwirsing mit Kartoffeln, Orangen und Orangen-Sauce nach Tzatziki-Art (vegetarisch)
2 Portionen

1 halbierter kleiner Maiwirsing (300 g)
Rapsöl
Zucker, Salz
1 MSP Kümmel
Pfeffer
Abgeriebene Schale einer Orange

4 Kartoffeln, gekocht, geschält und in Scheiben geschnitten
1 Bio-Orange in dünne Scheiben geschnitten
1 rote Zwiebel, in dünne Scheiben gehobelt
Orangen-Tzatziki nach Genießerart (Rezept klick hier, wenig Knoblauch benutzen)

Kartoffeln kochen, pellen und in Scheiben schneiden.
Tzatziki nach Genießerart mit Orangensaft und nur wenig Knoblauch herstellen (Rezept klick hier)
Rote Zwieble in Ringe hobeln
Maiwirsing in 1,5 cm dicke Scheiben schneiden. Dabei so viel vom Strunk dranlassen, dass die Scheiben nicht auseinanderfallen.
Rapsöl in einer Pfanne erhitzen. Wirsingscheiben mit etwas Zucker und Salz hineingeben, karamellisieren und braun braten. Kümmel, Pfeffer und Orangenabrieb und etwas Wasser dazu geben. Mit Deckel schmoren lassen, bis man in den Wirsingstrunk stechen kann.
In eine Grillpfanne nacheinander Kartoffel-, Orangen- und Zwiebelscheiben mit etwas Salz und Zucker karamellisieren und braten lassen.

Zum Anrichten Wirsingscheiben und Kartoffeln auf vorgewärmte Teller geben. Mit Tzatziki begießen und mit Orangen- und Zwiebelscheiben garnieren.

 Zum Maiwirsing mit Bandnudeln schmeckt ein fruchtiger Rotwein.

Zum gebratenen Maiwirsing mit Tzatziki schmeckt Orangensaft.

Saison auf dem Balkon: Tortelli mit Artischockenfüllung an Dicken Bohnen in Minz-Senf-Sauce (vegetarisch)

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Leider fallen im Corona-Sommer 2020 die Gourmetmeilen im Ruhrgebiet aus. Manche glauben zwar, dass die in den letzten Jahren inflatorisch angestiegenen kulinarischen Jahrmärkte ihren Zenit überschritten haben. Und dennoch, der Genießer vermisst sie sehr, weil er manch schöne Erinnerung an sie hat. Im letzten Jahr etwa konnte er ein ganz wunderbares vegetarisches Gericht am Stand vom Schlosshotel Hugenpoet auf dem „Kulinarischen Treff an der Ruhr“ in Mülheim entdecken: Artischockenravioli, Saubohnen, grüne Oliven und Majoransauce. Ich schrieb damals: „Was für eine wunderbare Aromen-Zusammenstellung des Herben aus der Schlossküche in Kettwig. Fein trifft bodenständig: Artischocken, die Erinnerungen an die Gemüsegärten der Schlösser an der Loire wecken, und Saubohnen, die jeder Ruhrgebietsmensch aus seiner Kindheit kennt, allerdings als Dicke Bohnen.“ (klick hier).

Ich nahm mir vor, das Gericht zu Hause nachzukochen, doch ehe ich dazu kam, war die Saison für dicke Bohnen vorbei. Doch da ich keine Tiefkühlware, geschweige denn welche aus dem Glas verwenden wollte, musste der Plan bis dieses Jahr warten. Jetzt war es endlich wieder soweit. Auf dem Bochumer Wochenmarkt gab es Dicke Bohnen in Hülle und Fülle. Und auch Artischocken waren im Angebot. Doch leider merkte bei denen nicht, dass sie Saison haben. Die Exemplare, die es gab, waren überlagert und die langen Stiele so hart, dass sie auch nach dem Kochen ungenießbar waren. Dennoch nahm ich drei mit. Die Böden waren zu gebrauchen.

Artischocken und Dicke Bohnen sind Sommerprodukte.

Die Vorbereitung der Gemüse war dann nichts für faule Köche. Die Dicken Bohnen zu palen (aus der Schote brechen) und zu döppen (nach dem Blanchieren aus der Lederhaut drücken) war ein wahres Geduldsspiel. Und auch die Artischocken zu putzen war Schwerstarbeit. Die harten Blätter und das piekende Stroh zu entfernen wäre eher die Arbeit für einen Zimmermann und seine Axt gewesen als für einen Hobbykoch. Für die Entsorgung des Bio-Abfall beider Gemüse spielte ich mit dem Gedanken, mir ein hungriges Schwein für den Balkon anzuschaffen.


Kannst Mantı zu mir sagen:
60 hausgemachte Tortelli aus meiner Nudelmanufaktur 

Und auch das Nudelmachen war eine höchste kontemplative Arbeit. Zwar gelang mir der Teig aus ca. 100 Gramm Mehl und einem Ei im zweiten Anlauf recht gut – ich konnte in ihn papierdünn ausrollen, er war reißfest und nicht klebrig. Die Füllung aus zwei gehackten Artischockenböden zzgl. weiterer Zutaten reichte exakt für 60 Tortelli. Um die zu formen, stach ich Kreise von 4 Zentimeter Durchmesser aus, füllte sie mit einer Fingerspitze Füllung und drückte sie zu kleinen Röschen zusammen – in Vorderasien wären sie wohl auch als Mantı durchgegangen.

Als Rezept hatte ich nur den Titel des Hugenpoet-Gerichtes: Artischockenravioli, Saubohnen, grüne Oliven und Majoransauce. Majoran als Würzkraut hatte ich sehr gut in Erinnerung, doch beim Stöbern nach Artschockengerichten im Internet stieß ich immer wieder auf Minze als aromatische Ergänzung. Also entschloss ich mich, meine Coverversion aromatisch neu zu orchestrieren. Zu den Dicken Bohnen machte ich eine Minz-Senf-Sauce, auch als Reminiszenz an die süß-saure Zubereitung der Dicken Bohnen, die ich aus meiner Kindheit kannte (klick hier). Und zu Artischocken passte sie allemal.

Es wurde ein pikantes, in seiner herben Eleganz wunderbar abgerundetes Gericht.


Rezept: Tortelli mit Artischockenfüllung an Dicken Bohnen in Minz-Senf-Sauce
4 Vorspeisenportionen


Vorbereitung:
1 kg Dicke Bohnen in der Schote
2 große Artischocken
Zitronenwasser

Dicke Bohnen aus den Schoten brechen. Kerne 5.8 Minuten in kochendem Wasser blanchieren, bis die Lederhaut schrumpelig wird. Kerne aus der Lederhaut drücken.

Artischocken putzen. Dazu die über, harte Hälfte der Blätter abschneiden. Die äußeren harten Blätter ganz entfernen. Stiel kürzen und schälen. Artischocke halbieren und das Heu aus dem Inneren entfernen. Es sollten nur der Boden und genießbare Teile der Blätter und des Stiels übrig bleiben. Bis zur weiteren Verwendung in Zitronenwasser aufbewahren, damit nichts anläuft.

Tortelli mit Artischockenfüllung:
100 g Weizenmehl Typ 550
1 Ei
2 große Artischockenböden.
1 große Schalotte
1 große Knoblauchzehe
1 Schuss Weißwein
1 El gehackte frische Minzeblätter
1 EL Ziegenfrischkäse
1 TL Semmelbrösel
Pfeffer, Salz
Olivenöl

Zuerst den Teig herstellen. Dafür 80 g Mehl in eine Schüssel geben. Ein Ei trennen, Eigelb und die Hälfte es Eiweiß zum Mehl geben. Andere Hälfte des Eiweiß beiseite stellen.
Ei und Mehl mit der Hand zu einem teig verkneten. Nach und nach etwas Mehl hinzufügen, bis der Teig nicht mehr zu feucht ist. Sollte der Teig zu trocken seine, die Finger etwas mit Wasser befeuchten und weiter kneten. Hat der teig keine gute Konsistenz, in Frischhaltefolie einschlagen und eine halbe Stunderuhen lassen.
In der Zwischenzeit Artischockenböden, Schalotte und Knoblauch sehr fein zur Brunoise würfeln. Olivenöl in einer Pfanne erhitzen, Gemüsewürfelchen darin anschwitzen. Einen Schuss Weißwein und die gehackten Minzeblätter dazugeben. Das Gemüse bei geschlossenem Deckel weich schmoren lassen.
Pfanne vom Herd nehmen, alles abkühlen lassen. Ziegenfrischkäse darunter rühren. Kräftig mit Salz und Pfeffer abschmecken. Etwas Semmelbrösel dazugeben, damit eine formbare Masse entsteht.

Nudelteig auf der Nudelmaschine nach und nach bis Stufe 7 hauchdünn ausrollen. Kreise von 4 Zentimeter Durchmesser ausstechen. Mit dem zurückbehaltenen Eiweiß bestreichen. Auf jeden Teigkreis eine Fingerspitze Füllung setzen. Kreise zu Halbmonden zusammen klappen. Die Spitzen zusammen führen und so kleine Röschen formen. Es dürften ca. 60 Stück werden.

Dicke Bohnen in Minz-Senf-Sauce:
300 g vorbereitete blanchierte Dicke Bohnenkerne
1 große Schalotte
1 große Knoblauchzehe
1 Stück Ingwer
1/8 l Weißwein
1/8 l Gemüsebrühe
1 EL mittelscharfer Senf
1 TL Mehl
2 EL gehackte Minze
Pfeffer, Salz, Zucker
Zitronensaft
Olivenöl

Olivenöl in einer Pfanne erhitzen. Schalotte und Knoblauch fein würfeln und darin andünsten. Mit Mehl bestäuben. Mit Weißwein und Gemüsebrühe ablöschen. Senf einrühren. Mit geschlossenem Deckel köcheln lassen, bis die Zwiebeln weich sind und die Sauce leicht eindickt. Bohnenkerne und gehackte Minze hinzufügen und etwas weiterköcheln lassen. Mit Pfeffer, Salz, Zucker, Zitronensaft und weiterem Senf abschmecken. Warm halten

Anrichten:
Blüten von Schnittlauch

Gut gesalzenes Wasser zum Kochen bringen. Tortelli Portionsweise 3 Minuten darin garen, bis sie aufsteigen. Dicke Bohnen mit Sauce auf einen vorgewärmten Teller geben. Tortelli mit einem Schaumlöffel aus dem Kochwasser heben und auf die Dicken Bohnen geben. Mit Schnittlauchblüten garnieren.

 Schnittlauchblüten ähneln Artschockenblüten in klein und schmecken.

#trostkochen: Teil IX der Foodblogger-Soli-Rezeptsammlung für Zusammenhalt und Appetit: Türkei

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Türkischer Spinat-Eintopf mit Tomaten-Yufka 

Genießers töfte Köfte

Wirsingroulade alla turca

Gestern ist der neunte Teil der Foddblogger-Rezeptsammlung für besonders vom Corona-Virus heimgesuchte Länder erschienen, die Peggy Schatz vom Blog "zunehmend wild" initiiert hat:  #trostkochen Türkei. Veröffentlicht wird die Sammlung im Blog "volker mampft".

Im Rahmen meines Manifestes zur Ruhrgebietsküche (klick hier) gehört die türkische Küche zu deren "Fünf Säulen". Das sind die "Stammessen" Rheinisch und Westfälisch und die "Gastmahle" Ponisch, Italenisch und eben Türkisch. So bin ich bin mit drei Rezepten dabei.

Wirsingroulade alla turca. Klick hier
Genießers töfte Köfte. Klick hier
Türkischer Spinat-Eintopf mit Tomaten-Yufka. Klick hier 

Zur gesamten Rezeptsammlung #trostkochen Türkei klick hier.

Saison auf dem Balkon: Mattonella di verdure. Pastete aus Erbsen und anderen Gemüsen (vegetarisch)

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Da wurde es dem Genießer glatt ganz warm ums Herz, als er die alten Kochbücher mit italienischen Rezepten hervorkramte, nach denen er vor 25, 30 Jahren so gern kochte. Ich hatte sie im modernen Antiquariat gekauft. Es waren Step-by-Step-Fotos darin, und das machte dem Anfänger das Nachkochen damals ziemlich leicht. Erst jetzt realisierte ich, wie sehr mich diese Bücher bei der Gestaltung meines Blogs beeinflusst haben. Auch hier bemühe ich mich, die einzelnen Arbeitsschritte fotografisch zu dokumentieren – obwohl mit zunehmendem Alter die Faulheit siegt und die Lust dazu immer mehr schwindet. Was nicht zuletzt daran liegt, das auf diesen Making-of-Fotos immer Teile der unaufgeräumten Küche im Hintergrund zu sehen sind, und das möchte ich meinen Lesern nun doch nicht zumuten (und mir selbst vor allem nicht das rechtzeitige Aufräumen). Die fertigen Gerichte fotografiere ich sowieso am liebsten auf dem Balkon. Da herrscht ein ideales Licht, das in seiner Unterschiedlichkeit die jeweilige Jahreszeit verdeutlicht, genauso die wie die blühende (oder auch nicht blühende) Natur in der Umgebung. Und das Saisonale ist schließlich die Basis einer jeden guten Küche.

Zutaten vom Markt und aus dem Bioladen: 
Grüne Bohnen, Sellerie, Fenchel, Erbsen, Karotten

Saison haben zur Zeit Erbsen, die jetzt so zuckersüß in ihren Schoten heranwachsen. Da fiel mir eine Gemüsepastete aus einem der oben genannten Kochbücher ein, die ich vor sage und schreibe 26 Jahren einmal für eine kulinarische Party bei mir im Hinterhof gemacht habe. Das war in vordigitalen Zeiten, und so gibt es leider kein vernünftiges Foto davon. Ich erinnere mich nur noch, dass es eine riesige Menge war. Und lecker.

Step-by-step-Anleitung aus dem alten Kochbuch

Die Kochbücher machten damals schon einen etwas altmodischen Eindruck. Aber gerade die zeit- und schnickschnacklose Solidität war es, die mich jetzt wieder überzeugte und die mir Raum für eine kreativere und raffiniertere Würzung gab. Auch reduzierte ich die Menge auf die Hälfte und ergänzte die Pastete um zwei Saucen: mein Tzatziki nach Genießerart und eine Salatvinaigrette. Auch wäre bei dem feinen Geschmack der Pastete eine Béchamelsauce sehr angemessen gewesen.

 In der Pastetenform

 Aufgeschnitten

Mit ein paar im Ofen gebackenen Zitronenkartoffeln wurde die matonella di verdure ein wunderbares vegetarisches Mittagessen, allerdings mit Sahne, Butter und Eiern. Würzen sollte man entschieden, denn die Eier schlucken beim Stocken eine Menge Geschmack. Etwas Talent zur Logistik sollte man auch mitbringen. Immerhin müssen fünf verschiedene Gemüse vorbereitet werden, und die Pastete muss zum Festwerden einen Tag lang in den Kühlschrank.



Rezept: Mattonella di verdure - Gemüsepastete
Für eine 1 l fassende Pastetenform. Ergibt 3-4 Portionen

500g Erbsen in der Schote
250 g grüne Bohnen
250 g Karotten
100 g Sellerieknolle
100 g Fenchelknolle
Saft von 1 Zitrone
Butter
Pfeffer, Salz, Zucker
Cayennepfeffer
geriebene Muskatnuss
Minze, Bohnenkraut
100 ml Sahne
Olivenöl

Erbsen aus den Schoten brechen. Etwas Butter in einem Topf erhitzen, Erbsen zugeben, pfeffern und salzen. 1 EL Wasser hinzufügen. 10 Minuten dünsten.
In der Zwischenzeit die Karotten schälen und grob raspeln.
Wenn die Erbsen fertig sind, in eine Schüssel geben. Wieder etwas Butter in den Topf geben, die geraspelten Karotten und 1 EL Wasser dazugeben, pfeffern, salzen. 10 Minuten dünsten lassen.
In der Zwischenzeit Sellerie- und Fenchelknolle putzen und grob raspeln.
Wenn die Karotten gar sind, in eine Schüssel geben. Wieder etwas Butter im Topf erhitzen, geraspelten Sellerie und Fenchel und 1 EL Wasser dazu geben, pfeffern, salzen und 10 Minuten dünsten.
In der Zwischenzeit die die Bohnen putzen und in Stücke schneiden.
Wenn Sellerie und Fenchel gar sind, in eine Schüssel geben. Wieder etwas Butter im Topf erhitzen, die Bohnenstücke und 1 EL Wasser hineingeben, pfeffern und salzen. 10 Minuten dünsetn lassen. In eine Schüssel geben.
Die Erbsen mit ein paar Minzblättern pürieren. Dabei einige Erbsen für die Garnitur zurück behalten.
2 Eier miteinander verrühren und je ein Drittel zu Erbsenpüree, Karotten und Bohnen geben. Ein weiteres Ei in Eigelb und Eiweiß trennen. Eiweiß zu Sellerie und Fenchel geben. Eigelb zu den Karotten geben.
Sahne zur Erbsenpüree-Ei Mischung geben und alles zu einer cremigen Masser verühren.
Karotten-Ei-Mischung mit Cayennepfeffer würzen und verrühren.
Sellerie-Fenchel-Ei-Mischung mit Zitronensaft und Muskat würzen und vermischen.
Bohnen mit dem Ei vermischen und mit etwas Bohnenkraut würzen.

Eine längliche Pastetenform mit Klarsichfolie ausschlagen, so dass sie am Rand überlappt. Die Gemüse schichtweise einfüllen. Zuerst die Hälfte des Erbsenpürees, dann die Sellerie-Fenchelmischung, dann die Bohnen, dann die Karotten und zum Schluss den Rest des Erbsenpürees. Die übelappenden Ränder die Klarsichtfolie darüber schlagen. Den Deckel auf die Pastetenform stzen. Falls keine vorhanden, die Form mit Alufolie verschließen.
Pastetenform in eine Bratreine stellen. Rundum zu zwei Dritteln heißes Wasser gießen und alles in den 220 Grad heißen Ofen schieben. Ca. 60 Minuten garen. Nach dem Garen die Forma abkühlen lassen und einen Tag in den Kühlschrank stellen.

Pastete auf ein Brett stürzen und die Klarsichtfolie abziehen. Zurückbehaltene Erbsen zur Garnitur hineindrücken. Zum Servieren in Scheiben schneiden.

Dazu passen eine oder mehrere Saucen, z.B.:
Salatvinaigrette. Dafür 1 El Himbeeressig oder Balsamico, 1 EL Oliven und 2 EL Rapsöl, je eine Prise Pfeffer und Salz, 1 TL Zucker, 1 EL Orangensaft und 1 TL Senf in ein Schraubglas geben und solange schütteln, bis sich alles vermischt hat und eine Emulsion ergibt.
Tzatziki (Rezept hier)
Béchamelsauce. Dafür 25 g Mehl in 50 g zerlassener Butter einrühren, mit 125 ml Gemüsebrühe und 125 ml Sahne auffüllen und unter Rühren aufkochen, bis der Mehlgeschmack weg ist. Mit Muskat, Pfeffer, Salz und Zitronensaft würzen.

Als Beilage passen Zitronenkartoffeln. Dafür festkochende Kartoffeln schälen und in pommesartige Stifte oder Wedges schneid. In Salzwaser 8 Munten blanchieren. Auf ein mit Backpapier belegtes Backblech legen. Mit Olivenöl und Zitronesaft betraufeln und mit Thymian bestreun. Bei 200 Gard im Backofen backen, bis sie die braun werden.

 

Venedig auf dem verregneten Balkon: Risi e bisi – Risotto mit frischen Erbsen (vegetarisch)

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Beim Fotografieren regnete es - ein wenig acqua alta auf dem Balkon.

Risibisi war eines der komischen Wörter, die ich als kleiner Junge in den 1960-er Jahren während unserer Familienurlaube bei meiner Tante am Wörthersee im österreichischen Kärnten kennen lernte. Und in der Tat scheint diese Risotto-Spezialität mit Erbsen ein genuiner Bestandteil der an Wohlfühlgerichten so reichen österreichischen Küche zu sein, obwohl sie eigentlich aus Venedig stammt. Da wurde es traditionell am Markustag, dem 25. April, dem Dogen serviert. Wie wir aus den Sissi-Filmen wissen, stand Venedig im 19. Jahrhundert eine Zeitlang unter der Herrschaft der Habsburger. Und eines der Ausbeutungsprinzipien dieser Hallodris war, die Leckereien der von ihnen eroberten Länder für ihre Wiener Küche zu assimilieren. Widerstand war da zwecklos.

Zutaten: Je 1 Tasse Reis und Erbsen
sowie die leeren Schoten.

Im Venezianischen heißt dieses Gericht jedoch risi e bisi, Reis und Erbsen. Eigentlich ist es ein recht einfaches Risotto-Gericht, dessen Geheimnis darin liegt, es mit frisch geernteten Erbsen in der Schote zu machen. Um einen besonders feinen Erbsengeschmack zu bekommen, werden die Schoten, nachdem die Erbsen in pieseliger Handarbeit herausgebrochen wurden, nicht weggeworfen, sondern eine Stunde lang in leicht gesalzenem Wasser zu einer Brühe verkocht, mit der dann der Reis zubereitet wird.

Ausgekochte Schoten in der Brühe.

Risibisi hatte ich hier im Blog schon verschiedene Male eingesetzt (klick hier, hier und hier), doch jetzt bot sich die Gelegenheit, ein echtes venezianisches risi e bisi zu machen. Von meiner Gemüsepastete mattonella di verdure (klick hier) hatte ich noch genügend Erbsen in der Schote übrig. Das ideale Verhältnis von Reis und enthülsten Erbsen ist 1:1. Ich nahm von jeder Zutat eine Tasse, das sind etwa 130 Gramm. Das ergibt zwei gute Portionen, die ein gestandenes Mannsbild aber auch ohne Not alleine aufessen kann. Und selbstverständlich kochte ich mir aus den leeren Schoten die Brühe. Wären die Erbsen ein Rind oder Schwein gewesen, hätte ich sie from nose to tail verarbeitet.

Apropos Schwein: In traditionellen Rezepten werden Pancetta-Würfel ausgelassen, um die Zwiebeln darin anzudünsten. Ich verzichtete auf den Speck, um eine vegetarische Version zu erhalten. Vegan ist sie jedoch keineswegs. Es kommen Butter und Parmesan darin vor, beides Zutaten, die einen Risotto erst zu einem Risotto machen. Beim Parmesan verwendete ich übrigens die Sorte Trentingrana, die aus den Bergen des Trentino stammt und mir fast noch mehr zusagt als der ach so tolle Parmiggiano Reggiano.

Rezept: Risi e bisi – Risotto mit Erbsen
Ergibt 2 Portionen

500 g junge Erbsen in der Schote, das entspricht
1 Tasse Erbsen (ca 130 g)
1 Tasse Risottoreis (Vialone oder Arborio, ca 130 g)
2 x 10 g Butter
1 große Schalotte
½ TL Fenchelsamen
1 Schuss Weißwein
½ Bund Petersilie, gehackt
etwas Knoblauch
50 g geriebener Parmesan
50 g Butter
Salz
Pfeffer aus der Mühle
1-2 Blatt Radicchio, in feine Streifen geschnitten

Erbsen aus den Schoten brechen. Leer Schoten gründlich waschen. In 1 ½ l leicht gesalzenem Wasser aufsetzen und eine Stunde lang kochen. Brühe durch ein Sieb in einen Topf gießen und am Köcheln halten.
In der Zwischenzeit die ausgelösten Erbsen in etwas Butter und 1-2 EL Wasser 10 Minuten lang dünsten. Dabei leicht pfeffern und salzen.

Schalotte fein würfeln. Butter in einem Topf auslassen. Zweibelwürfel darin glasig dünsten, ohne das sie Farne bekommen. Fenchelsamen im Mörser anstößeln und dazu geben. Risottoreis dazu geben, umrühren. Mit einem Schuss Weißwein abloschen und den Wein völlig verdampfen lassen. Dabei immer wieder umrühren. Mit zwei Kellen heißer Erbsenschotenbrühe auffüllen und in 17 Minuten gar köcheln lassen. Dabei immer wieder Brühe nachgießen und immer wieder umrühren. Nach fünf Minuten die gedünstenen Erbsendazu geben und bis zum Ende mitkochen lassen. Der Reis ist fertig, wenn er noch etwas flüssig ist, aber noch leichten Biss hat.

Topf vom Feuer nehmen. 50 g Butter in Stücken unter den heißen Reis heben und schmelzen lassen.Eine Spur Knoblauch hineinreiben. Gehackte Petersilie und geriebenen Parmesan nterheben. Mit Pfeffer und Salz abschmecken.

Auf vorgewärmten Tellern anrichten und mit etwas geriebenem Parmesan und ein paar feine Streifen von Radicchioblättern garnieren.

 Ein wenig bitterer Radicchio zur Garnitur

Sonntagsessen: Gurken-Kartoffel-Kaltschale mit Ziegenjoghurt und Orange │ Casarecce alla carbonara mit Schwarzkohl und Pfifferlingen │ Erdbeeren mit Joghurt

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Gestern gab es ein kleines Sonntagsessen aus dem Archiv. Immerhin betreibe ich diesen Blog jetzt seit elf Jahren, und da hat sich eine ganzen Reihe hübscher Rezepte angesammelt, von denen einige für so gut befunden wurden, dass man sie gerne noch ein zweites Mal essen möchte. Und so kam gestern folgendes unkompliziertes Menü auf den Balkontisch.

Erster Gang
Gurken-Kartoffel-Kaltschale mit Ziegenjoghurt und Orange.
Das war ganz einfach das Tzatziki nach Genießerart, in das ich zusätzlich noch ein paar Kartoffelscheiben hinein geschnitten hatte.
Zum Rezept klick hier.

Hauptgang
Casarecce alla carbonara mit Schwarzkohl und Pfifferlingen
Casarecce sind eine besondere Art von kurzen Makkaroni, wie sie in Sizilien vorkommen. Für den Hauptgang bereitete ich sie alla carbonara mit Pancetta und Ei zu, mischte aber noch cavolo nero, auf Deutsch Schwarzkohl, und Pfifferlinge unter.
Es war eine Variante von zwei älteren Rezepten:
Spaghetti alla carbonara mit Schwarzkohl klick hier
Bandnudeln alla carbonara mit Pfifferlingen klick hier

Dessert
Erdbeeren mit Joghurt
Dafür braucht es kein Rezept. Gezuckerte Erdbeeren werden über Nacht in den Kühlschrank gestellt, damit sie Saft ziehen. Dann wird Joghurt untergehoben. Beim Servieren etwas Basilikum darüber streuen.

Sardinen sind der neue Thunfisch: Sardines à poêler in Knoblauchbutter aufgebraten auf lauwarmem Couscoussalat mit Radicchio, geschmolzenen Tomaten und frittierten Kapern

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Einmal mehr muss der Genießer hier das Hohelied auf die in Butter eingelegten Sardinen aus der Bretagne singen (klick hier). Weil sie in der Pfanne aufgebraten werden, heißen sie auf Französisch sardines à poêler. Es gibt sie in Fassbutter natur, aber auch aromatisert. Für dieses schnelle Abendessen nahm ich welche mit Knoblauch. Eine 115-g-Dose enthält vier bis fünf Sardinen. Daraus kann man zwei Vorspeisenportionen dieses lauwarmen Salates machen.

 Der Clou: in der Butter mitfrittierte Kapern

Rezept: Sardines à poêler in Knoblauchbutter aufgebraten auf lauwarmem Couscoussalat mit Radicchio, geschmolzenen Tomaten und frittierten Kapern
2 Portionen (Vorspeise)

1 Dose Sardines à poêler in Knoblauchbutter
½ Tasse Couscous
½ TL gekörnte Gemüsebrühe
Pfeffer, Salz
1 Prise Ras-el Hanout, Cayennepfeffer o.ä.
Zitronensaft
3 Blätter Radicchio, in dünne Streifen geschnitten
8 Kirschtomaten, halbiert
1 gehäufter EL Kapern
gehackte Petersilie

Eine halbe Tasse Couscous mit eine ganzen Tasse Wasser und einem halben TL gekörnter Gemüsebrühe aufkochen Herdplatte abdrehen und den Couscous 10 Minuten ziehen lassen.

Die geschlossene Sardinendose gründlich abwaschen und drei Minuten mit in den heißen Couscous-Topf geben, damit die Butter in der Dose schmilzt. Dose vorsichtig öffnen und Sardinen samt flüssiger Butter in heiße Pfanne geben. Sardinen braten bis sie leicht gebräunt sind.

Kapern in Salz abwaschen und gut abtropfen lassen; Kapern in Lake ebenfalls gut abtropfen lassen. Kapern mit in die heiße Butter geben und frittieren, bis sie knusprig sind. Herausnehmen und auf Küchenkrepp abtropfen lassen. Halbe Kirschtomaten mit in die heiße Butter geben und schmelzen lassen. Dabei aufpassen, dass sie sich nicht auflösen.

Radicchio-Streifen unter den Couscous mischen, ebenfalls die geschmolzenen Tomaten. Mit Pfeffer, Salz, Ras-el Hanout oder anderen Gewürzen und Zitronensaft vorsichtig abschmecken. Couscous auf Tellern anrichten, gebratenen Sardinen darauf verteilen. Alles mit der flüssigen Bratbutter übergießen. Die frittierten Kapern darauf verteilen. Mit Petersilie garnieren.

#trostkochen: Teil X der Foodblogger-Soli-Rezeptsammlung für Zusammenhalt und Appetit: Südamerika

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Gestern ist der zehnte Teil der Foodblogger-Rezeptsammlung für besonders vom Corona-Virus heimgesuchte Länder erschienen, die Peggy Schatz vom Blog "zunehmend wild" initiiert hat:  #trostkochen Südamerika. Veröffentlicht wurde die Sammlung im Blog "Jans Küchenleben".

Leider hatte ich glatt vergessen, dass ich ein Rezept im Genussbereit-Archiv hatte, das durchaus in die Südamerikasammlung gepasst hätte: Ceviche vom Seeteufel (siehe Bild, klick hier). Kann man nix machen.

Mit Südamerika ist das zehnte und letzte Kapitel von #trostkochen erschienen. Noch einmal vielen Dank an Peggy und ihre Mitstreiter für die tolle Initiative.

Hier noch einmal die Links zu allen #trostkochen-Kapiteln:

1. Staffel
Auf zunehmend-wild.de
Italien (klick hier)
USA (klick hier)
Schweiz (klick hier)
Frankreich (klick hier)
Spanien (klick hier)
Iran (klick hier)

2. Staffel
Auf usa-kulinarisch.de:
Großbritannien (klick hier)
Auf magentratzerl.de:
China (klick hier)
Auf volkermampft.de:
Türkei (klick hier)
Auf jans-kuechenleben.de:
Südamerika (klick hier)

Kaninchen in Senf-Weißwein-Sauce mit Artischocken, grünen Oliven und Lorbeerkartoffeln

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Kaninchen in Senfsauce ist nicht nur ein Klassiker der französischen Bistro-Küche, sondern auch ein Klassiker der Genießer-Küche. Ich fand das Rezept in einem unprätentiösen Taschenbuch der amerikanischen Kochbuchautorin Patricia Wells, das mir Mitte der 1990-er Jahre unaufgefordert zu Rezensionszwecken zugesandt worden war und immer noch eine wunderbare Inspirationsquelle ist (klick hier). Das Rezept stammt ursprünglich aus dem Café des Fédérations, einem legendären Bistro in Frankreichs kulinarischer Hauptstadt Lyon.

Weil es so einfach ist, habe ich es des Öfteren in meinen Kochkursen an der VHS Herne kochen lassen (z.B. klick hier oder klick hier) – schließlich ist die Kaninchenzucht in der Arbeitergartenkultur des Ruhrgebiets tief verwurzelt. Auch zu Hause mache ich es immer wieder gern, allerdings variiere ich es auch immer wieder.

 Mit Oliven und Artischocken

Lorbeerkartoffeln

Diesmal fügte ich grüne Oliven hinzu, ähnlich wie in einem anderen Rezept aus dem Kochbuch (klick hier), und vor allem Artischocken. Davon waren einige im Tiefkühler gelandet, als ich im Januar Tortelloni mit Linsen und Artischocken (klick hier) gemacht hatte, und die mussten jetzt langsam mal weg. Als Sättigungsbeilage Beilage drängten sich da geradezu die Lorbeerkartoffeln nach Lorenza de‘ Medici auf, die ebenfalls zu meinen Klassikern gehören (klick hier).Senf, Weißwein, Artischocken, Oliven und Lorbeer – kann ein Kaninchen in besseren Aromen schwimmen?

Rarität aus dem Keller: Blauer Silvaner

Der Weißwein, den ich benutzte, war ein Kellerfund. Ich hatte immer noch einen 2016er Blauen Silvaner von Landesweingut Kloster Pforta (klick hier) da liegen, und auch da meinte ich, nach vier Jahren wäre es an der Zeit, in zu öffnen. Blauer Silvaner ist eine jener seltenen Rebsorten, die fast ausschließlich im Portfolio des Anbaugebietes Saale-Unstrut zu finden sind. Vielleicht war die Säure ein wenig zu kräftig für dieses Gericht, doch genau diese Note war so animierend und appetitanregend.

Ach ja, dann war da noch das Kaninchen. Es stammte vom Lüdinghauser Markthändler Bontrup auf dem Bochumer Wochenmarkt und muss wohl ein Riesenkawenzmann gewesen sein. Mein Hinterlauf samt anhängendem Rückenstück reichte für zwei ordentliche Portionen.


Rezept: Kaninchen in Senf-Weißwein-Sauce mit Artischocken, grünen Oliven und Lorbeerkartoffeln
2 Portionen

Lorbeerkartoffeln
pro Portion 4 kleine Kartoffeln (Drillinge)
pro Kartoffel 1 frisches Lorbeerblätter
Sälz
Öl

Kartoffeln gründlich reinigen, schlechte Stellen an der Schale abschneiden. In kräftig gesalzenem Wasser aufsetzen und acht Minuten blanchieren. Abschütten und abschrecken. Kartoffeln tief einschneiden und ein Lorbeerblatt in den Schlitz stecken.
Etwas Öl in eine Auflaufform geben und verteilen. Kartoffeln hineintun, mit Salz bestreuen und im bei 230 Grad zwanzig Minuten oder mehr backen, bis sie weich sind.

Man kann auch rohe unblanchierte Kartoffeln nehemn. Dann beträgt die Backzeit aber mehr als eine Stunde.


Artischocken:
2-3 Artischocken
Saft einer Zitrone
Olivenöl
1 Glas Weißwein
Pfeffer, Salz

Von den Artischocken sie obere Hälfte abschneiden und die äußeren harten Blätter entfernen. Den Stiel schälen. Artischocken je nach Größe längs vierteln oder achteln und das Heu im Inneren sorgfältig entfernen. In Zitronenwasser geben, damit sie nicht anlaufen.
Öl in einer Pfanne erhitzen, die Artischocken anschwitzen, pfeffern salzen, Weißwein und etwas Wasser angießen. Artischocken bei geschlossener Pfanne weich schmoren.


Kaninchen in Senf-Weißwein-Sauce
1 Kaninchen-Hinterlauf samt Rückenstück
2 El scharfer Senf
Salz, Pfeffer
1 El Olivenöl
0,1 l trockener Weißwein
0,2 l Gemüse- oder Hühnerbrühe
2 Zwiebeln, fein gewürfelt
1 EL Mehl
1 TL Thymian
1 Lorbeerblatt
1 Prise Kreuzkümmel
gehackte Orangenminze

Die Kaninchenkeule mit Salz und Pfeffer würzen un leicht mit Mehl bestreuen. Öl in einer großen Pfanne erhitzen. Kaninchenkleuel hinein geben und auf beiden Seiten braun braten. Aus der Pfanne nehmen.
Den Bratensatz mit etwas Wein löschen. Die gewürfelten Zwiebeln zufügen und goldbraun garen. Pfanne vom Herd nehmen. Die Zwiebeln mit Mehl bestäuben und gründlich umrühren. Wein, Brühe, Thymian, Lorbeerblatt, Kreuzkümmel und die Kaninchenkeule zufügen. Die Pfanne wieder auf den Herd stellen und alles bei Mittelhitze ca. 1 Stunde oder mehr schmoren lassen, bis das Kaninchen sehr weich ist und die Sauce einzudicken beginnt.
Nach 50 Minuten die grünen Oliven und die Artischocken hinzufügen.
Mit gehackter Orangemnminze bestreuen.

Ähnliche Rezepte mit Kaninchen:

Linsen-Dicke-Bohnen-Couscous mit in Weißwein und Senf geschmortem Kaninchen (klick hier)
Croxetti mit einem Kaninchen-Stielmus-Senf-Sugo vom Mairübchen, Oliven und Pinienkernen (klick hier)
Kaninchen mit grünen Oliven (klick hier)
Venezianischer Lagunenhase (klick hier)
Kaninchen mit Steinpilzen (klick hier)
Kaninchen mit Fenchel, Tomaten und Orangen (klick hier)
Mit Safran und Kreuzkümmel geschmorte Kaninchenläufe, Ziegenkäse-Quiche mit Sardellen und Oliven und Wildkräutersalat (klick hier)
Stifado von Kaninchen und Lamm mit zweierlei Bohnen und Speckkartoffeln (klick hier)


Ähnliche Rezepte mit Artischocken:

Tagliatelle mit grünen Linsen, Artischocken, Radicchio-Gremolata und Zaziki von der Ziege (vegetarisch) (klick hier)
Quadratische Spaghetti mit geräucherter Schweinebacke, Artischocken und Pecorino (klick hier)
Tortelloni mit Artischocken und grünen Linsen (vegetarisch) (klick hier)
Gegrillte Lammhaxen mit gratinierten Artischocken und Schwarzwurzeln (klick hier)
Seeteufelmedaillon mit bretonischer Algensenfkruste | In Weißwein geschmorte Kartoffeln und Artischocken | Oliven | Knoblauch | Majoran (klick hier)
Tortelli mit Artischockenfüllung an Dicken Bohnen in Minz-Senf-Sauce (vegetarisch) (klick hier)
Glasierte Taubenbrust, Aprikosen-Linsen-Pilsbock-Couscous mit gebackenen Artischocken und getrüffelten Champignons (klick hier)

Bierbegleiter: Pfifferlings-Croûtons unter einer Baiser-Haube

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„Wollen Sie Toast Hawaii machen?“ Der Genießer musste unwillkürlich unter seiner Corona-Maske grinsen, als die Verkäuferin in der Bio-Bäckerei mir diese Frage stellte. Zuvor hatte ich mich eindringlich erkundigt, ob sie ein Toastbrot aus Roggenmehl hätten – hatten sie natürlich nicht nur ein leichtes normales Roggenbrot, das man aber auch gut toasten kann. Das Gericht, das ich machen wollte, ähnelte tatsächlich im weiteren Sinne dem Deutschküchen-Klassiker, den einst Clemens Wilmenroth, der 50-er-Jahre-Grand-Seigneur unter den Fernsehköchen, erfunden hatte.

Eine Paste aus Pffifferlingen mit Estragon und
Worcestersauce (u.a.) kommen auf getoastetes Roggenbrot.

Meine Toast-Variante hatte ihren Ursprung in dem alten italienischen Kochbuch, das mir schon das wunderbare Rezept für die Gemüsepastete Matonella beschert hatte (klick hier). Im Buch handelte es sich um Crostoni (das sind große Crostini, capito?) mit Champignons, die sich unter einer äußerst dekorativen Baiserhaube aus gebackenem Eiweiß duckten - aber wer hält sich schon an Kochbücher? Zur Zeit ist Pfifferlingsaison, und so sollten die goldgelben Pilze ran, die mich an die Blüten der Petunien auf meinem Balkon erinnerten. (Man die Dinger natürlich auch mit Steinpilzen machen. Oder Trüffeln, wenn man hat.)

Eine wunderbare Begleitung zur "Schlanken Mathilde"
aus der Bergmann Baruerei.

Anlass für diese Kochaktion war, dass mir Thomas Raphael von der Dortmunder Bergmann Brauerei zwei Flaschen seiner Bierspezialitäten hatte zukommen lassen – als Dank dafür, dass er die Bilder eines 10 Jahre alten Posts über eine Menü-Veranstaltung mit Dennis Rother, der damals Küchenchef im Fernsehturm Florian war, nutzen kann (klick hier). Dabei handelte es sich im eine Flasche des Starkbockbiers „Adam“ und eine Flasche seiner weiblichen Begleitung „Die schlanke Mathide“, die ich noch nicht kannte. Benannt nach dem Spitznamen einer ehemaligen Bürgermeistersgattin des heutigen Dortmunder Stadtteils und Standort der Bergmann Brauerei Hörde, ist die „Schlanke Mathilde“ ein Starkbier mit „außergewöhnlichem Körper und einem besonders lieblichen Duft“, wie das Rückenetikett verheißt. Da lag es auf der Hand, dass ich die Pfifferlingsmasse, mit der ich meine Roggenbrotscheiben bestrich, mit Estragon und Zitrone abschmeckte.

Nun denn. Statt Sahnetorte und Kaffee gab‘s am heutigen Sonntagnachmittag auf dem Balkon gebackenen Eischnee mit Bier eine nicht zu verachtende Alternative.


Rezept: Pfifferlings-Croûtons unter einer Baiser-Haube
Ergibt 4 Croûtons

250 g Pfifferlinge
1-2 EL Mehl zum Waschen
1 kleine Zwiebel, gewürfelt
1 Knoblauchzehe, grwürfelt
1 EL Rapslöl
1 EL Worcestersauce
½ Bund Petersilie
2-3 Zweige Estragon
etwas abgeriebene Zitronenschale
Pfeffer, Salz
4 Scheiben Roggenbrot, viereckig
etwas Butter
4 Eier
Salz, Apfelessig

Zum Waschen der Pfifferlinge die Pilze in eine Schüssel geben, 2 EL Mehl dazu tun und mit Wasser auffüllen. Alles kräftig umrühren, das Mehl schmirgelt den Sand an den Pilzen ab. Abgießen und kräftig abbrausen. Noch schmutzige Stellen abschneiden. Pilze mit Küchenkrepp gut trocknen und grob zerschneiden.

Pilze in eine beschichtete Pfanne geben und bei starker Hitze ohne Deckel trocknen lassen, bis alle austretende Flüssigkeit verdampft ist. Aufpassen, dass nichts anbrennt. Herdplatte auf klein schalten. Rapsöl, Worcestersauce, Zwieble- und Knoblauchwürfel, gehackte Kräuter und Zitronenschale dazu geben. Bei geschlossenem Deckel 15 Minuten schmoren lassen. Wenn alles weich und gar ist, mit dem Mixer oder Pürierstab fein pürieren. Mit Pfeffer, Salz, Worcestersauce und Zitronensaft abschmecken.

4 Scheiben Brot toasten. Mit dem Pilzpüree dick bestreichen.

Eier in Eigelb und Eiweiß trennen. Dabei jedes Eigelb in eine eigene Tasse geben, die Eiweiße in eine Schüssel. Eiweiß mit Salz und etwas Essig würzen. Zu sehr steifem Eischnee schlagen.

Eine Auflaufform, in die die vier Brotscheiben passen, leicht ausbuttern. Bestrichene Brotscheiben hinlegen. Auf Jede Brotscheibe einen großen Klacks Eischnee geben und eine kleine Kuhle hinen drücken. In Kuhle je ein Eigelb geben, etwas salzen

Die Auflaufform in den auf 230 Grad vorheizten Backofen geben und 4-5 Minuten überbacken, bis der Eischnee leicht gebräunt ist. Direkt aus dem Ofen servieren.

Saison auf dem Balkon: Süppchen aus gemischten Tomaten vom Werkhof

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Vor zwei Jahren veranstaltete Slow Food Bochum gemeinsam mit dem Dortmunder Spitzenkoch Mario Kalweit ein Menü rund um die Tomate (klick hier). Mario Kalweit ist leidenschaftlicher Tomatenzüchter und arbeitet dabei eng mit der Demeter-Gärtnerei der Werkhof Projekt gGmbH zusammen, die sich u.a. der Qualifizierung von Jugendlichen widmet (klick hier).

Ein besonderes Anliegen der Gärtnerei-Leiterin Rita Breker-Kremer sind alte Tomatensorten. So baut der Werkhof um die 80 verschieden Tomaten an. Kaufen kann man sie im gärtnereieigenen Hofladen und in einigen Bio-Läden.

Vor zwei Jahren bestand die Tomatensauce der Edition Genussbereit aus Ochsenherzen vom Werkhof (klick hier), letztes Jahr verbrachte der Genießer die Tomatensaison leider in Krankenhaus und Kur (klick hier). Dieses Jahr schaffte er es jedoch, einen Ausflug in den Dortmunder Nordosten zu machen.


Und ich hatte Glück. Im Hofladen gab es ganze Kisten mi Tomaten „II. Wahl“ im Angebot, d.h. überreife Früchte, die z.T. schon ziemlich weich waren, aber umso herrlicher schmeckten. Da schlug ich zu. Lange aufbewahren konnte ich die Tomaten nicht mehr, also beschloss ich, die weichsten zu einer Sauce zu verkochen.

Ich weiß nicht, wie die Sorten heißen, die dabei waren, aber so vielfältig die Farben und Formen waren, so unterschiedlich waren auch die Geschmäcker. Intensiv und zurückhaltend, süßlich und säuerlich, fruchtig und würzig – alles war dabei. Zusammen mit einem dicken Kräuterstrauß vom Blakon, einer halben Paprikaschote und etwas getrocknetem Chili kamen die weichsten Exemplare in eine großen Topf und wurden sanft gekocht. Schon bald zogen sie eine Menge Saft, bei dem die Säure dominierte. Also tat ich noch einige reife, süße gelbe Pflaumen dazu, die ich gerade zur Hand hatte. Doch das schien nicht zu reichen, und so kam noch ein Löffel Ananasmarmelade hinzu – das beste Süßungsmittel für Tomatenzubereitungen.


20 Minuten wurde alles mit Deckel geschmort, dann wurde die Flüssigkeit bei niedriger Temperatur noch einmal ein halbe Stunde lang eingekocht. Den Brei strich durch ein Haarsieb (man kann auch eine Flotte Lotte nehmen), und herauskam eine samtiges Tomatencème-Süppchen mit herrlichem Geschmack. Einen Teller wollte ich mir zum Probieren gönnen, den rest wollte ich als Saucenbasis aufbewahren. Doch es wurden drei, vier Teller – bis nichts mehr da war. Es dann bemerkte ich, dass ich gar kein Salz und keinen Pfeffer dran getan hatte. So wunderbar würzig schmeckte das Süppchen.


Rezept: Süppchen aus gemischten Tomaten vom Werkhof

10- 12 vollreife Tomaten, verschiedene Sorten, in Stücke geschnitten
4 reife gelbe Pflaumen, halbiert und entkernt
½ Paprkaschote, gewürfelt
½ Chilischote, entkernt und klein geschnitten
2 Knoblauchzehen, in kleine Würfel schnitten
1 Schuss Olivenöl
1 dicker Kräuterstrauß aus Basilikum, Thymian, Romarin, Salbei und Oreganao
1-2 EL Ananasmarmelade

Öl in einem großen Topf erhitzen. Knoblauch, Paprikawürfel- und Chilistücke darin anschwitzen. Tomatenstücke hinzu geben. Deckel auflegen und 10 Minuten köcheln lassen. Kräuterstrauß hinzufügen und unterheben. Weitere 10 Minuten köcheln lassen, bis sich ordentlcih Flüssigkeit gebildet hat. Flüssigkeit probieren und mit Ananasmarmelade süß abschmecken. Alles verrühren und bei niedriger Temperatur bei geöffnetem Deckel einkochen lassen, damit sich Flüssigkeit reduziert und ein Tomatenbrei entsteht.

Kräuterstrauß herausnehmen. Tomatenbrei durch ein Haarsieb oder eine Flotte Lotte in einen zweiten Topf streichen, damit die Tomatenschalen und Kräuterstengel heraus gefiltert werden. Entstandene Flüssigkeit nach Belieben abschmecken und weiter verwenden.


Variante vom 4.8.2020 

Caprese von bunten Dortmunder Tomaten
 

Sommer-trifft-Herbst-Gericht: Blätterteigpastete mit Artischocken-Steinpilz-Kräuterseitling-Füllung auf mediterranem Gemüse (vegetarisch)

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Das kommt davon, wenn man sich nicht vor den Herd setzt, um einer Pastete beim Backen zuzugucken, sondern an den PC, um Mahjong zu spielen. Zwar klingelte der Küchenwecker, den ich nach Rezept-Vorschrift eingestellt hatte, doch es wäre gescheiter gewesen, zwischendurch immer mal zu gucken, ob das Ding in der Röhre nicht schon braun genug geworden war, statt virtuelle Spielsteinchen zu eliminieren. So war die Pastete doch sehr, sehr dunkel geworden. Doch Glück im Unglück: Weil es sich um Blätterteig handelte, konnte ich die obersten, dunklen Partien leicht entfernen, so dass das fertige Prachtstück trotzdem noch gut aussah – und vor allem noch essbar war und dabei auch noch schmeckte.

 Trotz Beachtung von Backzeit und Temperatur
wurde die Pastete zielmlich dunkel.

Das Rezept für die Blätterteigpastete mit Artischockenfüllung stammte aus jenem alten, neulich wieder entdeckten Kochbuch, das mir schon die fabelhafte Mattonella beschert hatte (klick hier). Früher hatte ich mich nicht daran getraut, aber mittlerweile habe ich schon so einige Artischocken-Gerichte fabriziert (klick z. B. hier oder hier), so dass mir das Püree keine Sorge mehr machte. Im Originalrezept wurde es noch mit Würfeln aus Rinderzunge und Schinken angereichert, was ich mir recht delikat vorstellte. Doch als ich auf dem Markt diese allerliebsten kleinen Kräuterseitlinge und ein paar frische Steinpilze entdeckt, beschloss ich, das Ganze auf vegetarisch umzustricken. Belohnt wurde ich durch ein olfaktorisches Erlebnis der besonderen Art. Beim Vorkochen der Artischocken und Vorschmoren der Pilze wurde meine Küche mit einem Duft erfüllt, der mich einfach nur begeisterte.

 Zutaten für die Füllung: Artischocken, Eier, Steinpilze
und Kräuterseitlinge sowe Amaretti (!)

Nach dem Putzen müssen die Artischocken in Zitronenwasser,
damit sie nicht anlaufen.

Nur der Tiefkühlblätterteig war mir nicht ganz geheuer. Die angetauten Teigplatten zwischen zwei Lagen Frischhaltefolie auszurollen, war zwar eine äußert praktikable Idee, zumal die Folie dem Teig auch die nötige Haltbarkeit verlieh, um ihn in Springform zu bugsieren und dann problemlos zu entfernen. Nur eben mit der Backtemperatur fehlte es mir noch an Erfahrung.

 Zucchiniblüten für die Beilage

Damit das Gericht noch einen besonderen Pfiff bekam, wollte ich einige der wunderbaren Tomaten als Beilage dazu machen, die ich am Freitag im Dortmunder Werkhof erstanden hatte (klick hier) - zuzuglich einiger weiterer mediterraner Gemüse wie Fenchel, Zucchini und Aubergine. Da fiel mir das Rezept für Cianfotta ein, die neapolitanische Variante der südfranzösischen Ratatouille. Die hatte ich vor Jahren schon mal für Mama gemacht, wo sie sehr gut ankam (klick hier). Ich erweiterte sie kurzer Hand durch ein paar Zucchiniblüten aus einem italienischen Supermarkt, die ich mit der gleichen, jedoch mit Ziegenfrischkäse verlängerten Füllung wie die Pastete füllte, um sie kurz im Ofen mitzubacken.

Heraus kam dabei dieses erste Sommer-trifft-Herbst-Gericht des Jahres 2020.


 Artischocken zur Garnitur

Gefüllte Zucchiniblüte

Pastete auf Cianfotta

Rezept: Blätterteigpastete mit Artischocken-Steinpilz-Kräuterseitling-Füllung auf mediterranem Gemüse (vegetarisch)

Blätterteigpastete mit Füllung:
2 Päckchen TK-Blätterteig mit je 4 quadratischen Scheiben Teig
6-8 Artischocken
Saft einer Zitrone
3-4 Amaretti
1 EL Semmelbrösel
1 EL Tomatenmark
4 Eier
250 g Pilze (Steinpilze und Kräuterseitlinge)
Olivenöl
Butter, Milch
Pfeffer, Salz

Artischocken putzen. Dafür die Spitzen großzügig abschneiden und die äußeren harten Blätter entferen. Stiel schälen. Artschocken halbieren und das Stroh aus dem Inneren sorgfältig entfernen. Sofort in Zitronenwasser geben, damit sie nicht anlaufen.
In einem großen Topf Salzwasser zum Kochen bringen, die Artischocken hineingeben und 40 Minuten kochen lassen.
In der Zwischenzeit die Blätterteigplatten aus dem Tiefkühlfach holen. Die Ränder mit Wasser befeuchten und auf einer mit Frischhaltefolie belegten Fläche leicht überlappend zu zwei Platten legen. Antauen lassen.
Die Pilze putzen und in 1 cm große Stücke schneiden. In einer Pfanne etwas Olivenöl erhitzen, die Pilze hineingeben, pfeffern und salzen und 20 Minuten durchschmoren lassen. Evtl. etwas Wasser dazu geben. Geschmorte Pilze abkühlen lassen.
Die gar gekochten Artischocken abgießen und die Brühe für anderweitige Verwendung zurück behalten. Artischocken im Mixer oder mit dem Pürierstab pürieren. Dabei eine für die Garnitur zurückbehalten. Artischockenpüree durch ein Sieb streichen, damit auch die letzten harten Blätter und Heustreifen ausgesiebt werden.
4 Eier trennen. Eigelbe zum Artischockenpüree geben. Eiweiß zu einem festen Eischnee schlagen. Amaretti im Mörser zerbröseln und mit den Semmelbröseln und dem Tomatenmark ebenfalls dazu geben. Alles verrühren und dann vorsichtig den Eischnee unterheben. Geschmorte Pilzstücke unterheben. Ggf. mit Pfeffer und Salz abschmecken.
Auf die angetauten Blätterteigplatten je ein zweites Stück Frischhaltefolie legen und beide ausrollen. Eine so groß, dass man eine Springform samt Rand damit auslegen kann. Beim kleineren ausgerollten Stück und mit der Springform einen passenden Deckel ausstechen.
Springform einbuttern. Mit dem größeren Teigstück die Form auslegen. Den Rand andrücken. Artischockenfüllung darauf gleichmäßig verteilen. Den Teigdeckel darauflegen. Überstehenden Teigrand abschneiden und zusammendrücken. Teigdeckel mit einem spitzen Messer ein paar Mal einstechen. Mit etwas Milch einpinseln.
Pastete bei 220 Grad 40 Minuten im Ofen backen.


Mediterranes Gemüse (Cianfotta):
1-2 große Tomaten
1 Zucchini
1 Fenchel
1 Paprika
1 Aubergine
1 Zwiebel
1-2 Knoblauchzehen
2 EL Kapern
1 Tasse Oliven

Gemüse nach dem Rezept für Cianfotta zubereiten. Zum Rezept klick hier.

Garnitur:
Pro Person 1- 2 Zucchiniblüten
Artischockenfüllung
evtl. Ziegen- o.a. Frischkäse

Zucchiniblüten waschen und vorsichtig den Stempel im Inneren entfernen. Etwas zurückbehaltene Artischockenfüllung mit Frischkäse verlängern und mit einem Spritzbeutel in die Blüten füllen. Blüten in ein Pfännchen geben. Mit Olivenöl beträufeln und Semmelbrösel bestreuen. Im Ofen 10 Minuten mitbacken.

Anrichten:
Mediterranes Gemüse auf einen Teller geben, ein Stück Pastete darauf setzen. Mit gefüllten Zucchiniblüten und zurückbehaltenen Artischocken garnieren.

Dolce vita pur: „Da Giulia“ im Werdener Löwental

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Einschenken in Zeiten von Corona. Enzo in Aktion

Mehr Italien-Urlaub kann es in diesem Jahr nicht geben. Jedenfalls nicht in Essen. Schon seit ewigen Zeiten befindet sich im Werdener Löwental ein Campingplatz, einer der wenigen an der Ruhr, auf dem es nicht nur Platz für Langzeitcamper gibt, sondern auch für durchreisende Zelt- und Wohnwagenfreunde. Eine idyllisch vor dem Waschhaus am Eingang platzierte holländische Windmühle mag auf die Zielgruppe hinweisen, die man traditioneller Weise ansprechen möchte. Doch in dem Restaurationsgebäude gegenüber herrscht seit ein paar Wochen italienisches dolce vita pur.

 Prosecco trifft Windmühle:
Zwei Camping-Kulturen in Essen-Werden

Lässiger geht es kaum

Essen mit alten Freunden 

... und Marilyn lacht

Da, wo früher solide Camping-Verpflegung ausgegeben wurde, hat Vincenzo Errico, genannt Enzo, den wohl lässigsten Edel-Italiener Essens aufgemacht. „Da Giulia“ hat er es in italienischer Familiarität benannt, nach dem Namen seiner Mutter und seiner kleinen Tochter. Als ich anlässlich eines kleinen Presseessens mit ein paar Kollegen die Terrasse betrete, fühle ich mich trotz des zeitgenössischen Sitzmobiliars sofort an den Campingurlaub im Jahr 1968 in Caorle an der Adria erinnert, an die Zeit von Fellini und Visconti. Riesige Sonnenschirme schützen vor der Sonne, die vom blauen Himmel herunter knallt und nur langsam hinterm Haus verschwindet, kurzbehoste Männer und frischgeduschte Damen nehmen draußen Platz und sehnen sich im Laufe des immer kühler werdenden Abends nach ihren Pullovern. Drinnen erinnern Kronleuchter und Möbel an karges sizilianisches Barock, und von den Wänden strahlen die Leinwandidole der guten alten Zeit von Don Camillo über Adriano Celentano bis zur unvermeidlichen Marilyn.

 Enzo erklärt

Enzo selbst scheint auch aus dieser Zeit zu stammen. Freunde der italienischen Küche kennen ihn besonders aus Mülheim, wo er im noblen Stadtteil Saarn (und später auch in Werden) in zahlreichen einschlägigen Ristoranti dafür zuständig war, was auf den Teller kam – in der Lederfabrik, in der Senffabrik, im Gartencenter Terra und anderswo. Hier auf dem Campingplatz kann er ganz zwanglos seinen kreativen Ideen nachgehen, die von seinem großen Vorbild, dem Zwei-Sterne- und Fernseh-Koch Antonino Cannavacciuolo, inspiriert sind. Dabei macht er vor exklusiven Zutaten genauso wenig halt wie vor Rezepten aus der traditionellen regionalen Küche Italiens. Ausschlaggebend für den Gast sind dabei die Tagesangebote auf den zahlreichen Tafeln, die auf der Terrasse stehen. (Die gedruckte Karte umfasst einige schöne Standards und vor allem eine Anzahl von Pizze, die als Take-Away-Produkt in Corona-Zeiten unumgänglich ist.) Produziert wird alles in einer unprätentiösen Küche mit campingplatz-affinem Gas – ein hübscher Gegensatz zu der im “Chefs & Butchers“, jenem Shooting-Star unter den Essener Gourmetrestaurants, das gleich gegenüber des Campingplatz-Eingangs liegt.

 Der Rotwein funkelt im Glas

Die Gerichte, die Enzo uns auftischt, werden vielleicht in nächster Zeit auf der Tageskarte landen, für vieles hat er sich spontan entschieden. Ausgewählte Zutaten wie die Schinkenspezialität Culatello, Kaisergranat oder extra für ihn hergestellte Profiteroles, individuelle Kombinationen und Zubereitungsarten wie Risotto mit Pfifferlingen zum Paillard vom Schwertfisch oder Vongole zu Pasta mit kleinen grünen Bohnen und natürlich ein Wirsing-Kartoffelsatmpf zur löffelweichen Lammhaxe – zwangloser als auf dem Campingplatz kann man italienische Küche nicht genießen. Zu jedem Gang präsentierte Enzo den passenden Wein, vorzugsweise aus Süditalien. Nur zum Lamm gab es einen Toskaner.


Enzos Presse-Menü am 5.8.2020 


Taggiasca-Oliven zum Brot

Culatello mit Melone und Salat

Enzos Kartoffelsalat mit San-Marzano-Tomaten

Spaghetti mit Lamm-Tomaten-Sugo

Pasta e fagioli mit Vongole im Parmesankorb und Kaisergranat

Paillard vom Schwertfisch und Pfifferlingrisotto und Kräutergnoccho 

Melonensorbet zur Erfrischung

 
Löffelweich geschmorte Lammhaxe auf Wirsing-Kartoffel-Stampf

Profiterole mit geeister Erdbeere 



Zufriedene Gäste, glücklicher Gastgeber

Da Giulia. 45239 Essen. Löwental 67. 0201 17171064. Geöffnet 12-22 Uhr. Infos auf Facebook.

Mal woanders: Ein Jahr Eric Werners „astrein“ in Köln

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Eric Werner vor seinem Restaurant im "Veedel"

Viele Genussbereit-Leser kennen Eric Werner noch aus seiner Zeit in der „Résidence“ in Essen-Kettwig. 2012 trat er gemeinsam mit Erik Arnecke die Nachfolge von Henri Bach an (klick hier), der in jahrzehntelanger Bständigkeit auf höchstem Niveau zwei Michelin-Sterne für Berthold Bühlers Gourmet-Institution erkochte. Die junge Doppelspitze verteidigte die hohe Auszeichnung mühelos, und als Erik Arnecke 2015 die „Résidence“ verließ, gelang das auch Eric Werner als nunmehr alleiniger chef de cuisine. Doch bereits ein Jahr später entschloss sich Patron Berthold Bühler, sein Restaurant zu schließen (klick hier).

 Gemütlichkeit im Großstadtdschungel

Eric ging zurück in seine Heimatstadt Köln und wurde Küchenchef im „Himmel un Äd“ im Hotel am Wasserturm, eine atemberaubende Location mit wunderbarer Aussicht über die Domstadt. Auch hier erkochte er rasch einen Michelin-Stern (klick hier), doch lange konnte er diesen Erfolg nicht genießen. Das Hotel wurde verkauft, und die neuen Eigentümer hatten nur wenig Interesse an einem kostenintensiven Sterne-Restaurant in ihrem Haus und schlossen das „Himmel un Äd“. Nach zwei Schließungen, für die er nichts konnte, war es an der Zeit, sich auf eigene Füße zu stellen. Er eröffnete im August 2019 das „astrein“ in Köln, im Agnesviertel, vom Kölner Mediapark nur durch einen Bahndamm getrennt– und bekam im ersten Jahr prompt wieder einen Michelin-Stern.


Cool im astrein:  Service und Küche

Astrein, das ist im Holzhandel eine Kategorie für das beste Holz, und entsprechend astrein soll auch das Essen sein, das Eric in seinem Restaurant anbietet. Astrein, das ist aber auch ein nostalgisch wirkender Ausdruck aus der Jugendsprache einer Zeit, als die Jeans noch Nietenhosen hießen und man coole Sachen noch knorke nannte – oder eben astrein. Und so ist auch das Restaurant. Auf der einen Seite auf der Höhe der Zeit ausgestattet – den gar nicht so großen Gastraum dominiert eine Tapetenwand, auf der allerlei Urwaldgetier sein Wesen treibt und die den Dschungel der Großstadt symbolisieren soll. Auf der anderen Seite ist es gemütlich wie eine Kneipe im „Veedel“ – aber mit Michelin-Stern. Während des Corona-Lockdowns gab es neben einem Take-Away-Menü auch ein Fenster, durch das hausgemachtes Eis verkauft wurde. –eine Idee, von der Eric immer noch begeistert ist. Wer weiß, vielleicht macht er ja noch einmal eine Eisdiele auf.

 Restauranttester bei der Arbeit

Vorspeise im Cocktailglas

Den Lockdown hat das „astrein“ jedenfalls ganz gut überstanden. Ob der Sommer, der bislang folgte, hätte besser laufen müssen, weiß Eric nicht. Er hat ja noch keinen „normalen“ Sommer hinter sich. Am Samstag feierte er jedenfalls den ersten Geburtstag seines Ladens mit einem lockere, kleinen Presse-Menü, das zeigte, was er sich unter einer astreinen Küche vorstellt. Das, was auf den Teller kam, war ebenfalls auf der Höhe der Zeit, in der Form des Anrichtens oder etwa und bei der Auswahl „erdiger“ Zutaten wie Heilkräuter und Sauerampfer für Sorbet und Eis. Ganz klassisch französisch, fast brav hingegen war der Aufbau des Menüs. Auf eine vegetarische Vorspeise folgte ein Meeresfrüchtegang mit Kaisergranat und als Hauptgang selbstverständlich ein Fleischgericht mit Bison-Filet– alles begleitet von sorgsam ausgewählten Weinen mit schönen ergänzenden Aromen. Dass es keine handwerklichen Schnitzer gab, braucht man wohl nicht extra zu erwähnen. Der Genießer bereute es jedenfalls nicht, den Ausflug aus dem Ruhrgebiet nach Köln gemacht zu haben. Astrein ist knorke.

Das Astrein-Geburtstagsmenü vom 8.8.2020


Grüße aus der Küche
Eingelegte Kirsche, Couscous, Karotten im Nori-Blatt


Weiße Tomatenmousse mit Ananas-Tomate,
Kartoffel-Oliven-Liwanze und Zitronenricotta
2015 Le Domaine Blanco de Guarda, Abadia de Retuerta, Castill y León 


Kaisergranat mit Zerbinati Melone und Sorbet von Heilkräutern
2019 Rosé et Or, Chateau Minuty, Provence


Filet vom Bison
mit Mais Relish, Mirabellen, Pfifferlingen und Cassis Jus
2015 Jonathan’s Ridge Pinotage, Springfontein, Südafrika


Biskuitroulade mit Vanille-Grand-manier-Crème,
Sauerampfereisn und Sud von Ingwer und grünem Apfel
2016 Scharzhof Riesling, Egon Müller, Mosel






astrein. Krefelder Straße 37, 50670 Köln., Tel. 0221/95623990. Di- Sa 17-23 Uhr. Ruhetag: So, Mo. ww w.astrein-restaurant.com

Der Genießer bedankt sich für die Presse-Einladung.

Neu in Dortmund: Toni’s Gusto Italiano

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Italo-Legende:  Diesmal ist Toni mit seinem Sohn Riccardo (re.) am Start.

Ein wenig irritiert war der Genießer schon, als vor ein paar Wochen ein acht Jahre alter Bericht über „Rödels Kochlokal“ in Dortmund (klick hier) wieder in den Top Ten der meistbesuchten Posts seines Blogs „Genussbereit“ auftauchte. Thomas und Gina Rödel hatten ihr hochgeschätztes Restaurant schließlich Ende 2019 geschlossen, aus familiären Gründen, noch vor Corona. Dass die Adresse Hermannstr. 164 unweit des Phoenixsees dennoch weiterhin die Gemüter erregte, lag anscheinend an der allgemeinen Nachrichtenlage. Die Location sollte, so munkelte man, von einem anderen Dortmunder Spitzengastronomen übernommen werden: der Italo-Legende Toni Pace.

Auch sein bisheriges Domizil „Toni’s Ristorante“ im ländlichen Stadtteil Löttringhausen war vor einige rZeit geschlossen worden; es hatte den Corona-Lockdown nicht überstanden. Aber da war Toni schon nicht mehr an Bord. Auch er hatte seinen Laden aus familiären verlassen, obwohl er sich mit dem Ristorante über Jahrzehnte hinweg die Pole Position unter den italienischen Gastronomen in Dortmund gesichert hatte. Dass er nicht in der Versenkung verschwinden würde, war klar. Nachdem er für verschiedene Locations im Gespräch war, eröffnet er jetzt mit Riccardo, seinem Sohn aus erster Ehe, „Toni’s Gusto Italiano“ in Hörde.

Rückkehr an die Hermannstraße in Hörde.

Der Genius loci...

... der Hausnummer 164.

Sein Aufschlag auf der Hermannstraße ist die Rückkehr an die Orte seiner Kindheit. Hier, im Schatten von Hoesch, hatte Toni Anfang der 1970-er Jahre seine Jugend verbracht, als seine Familie aus Kalabrien nach Dortmund kam. Als junger Mann fand er schließlich eine Anstellung in der Pizzeria „Rimini“ in Lünen, deren Besitzer seine gastronomischen Talente entdeckte und ihn zur Weiterbildung in seine Heimat Rimini schickte. Wieder zurück in Deutschland, machte sich Toni nach einiger Zeit selbständig und übernahm schließlich eine Pizzeria inkl. Kegelbahn. Die Kegelbahn schloss er bald, und den Namen änderte er auf Anraten eines Gastes in „Toni’s Ristorante“. So wurde Toni wurde ein Markenname für exklusive italienische Küche in Dortmund - nach seinen Vorstellungen gekocht und von ihm mit großer italienischer Geste serviert. Den Ritterschlag erhielt er schließlich durch die Stars des BVB, die bei ihm das Dolce Vita genossen. Trainer Jürgen Klopp machte Toni schließlich zum offiziellen Mannschaftskoch. Aber das ist jetzt auch ein paar Jahre her.


 Den Speisen und dem Wetter angemessen hatte
Toni nur Weißweine als Begleitung ausgesucht:
Pinot Grigio von Jermann, Friaul
Terre de Cieti Pecorino von Feudo Antico, Abruzzen
Lugana Ulysses von Pilandro, Gardasee
Sauvignon blanc und Arneis von Pescaja, Piemont

Und nun geht es also in Hörde weiter. Die kulinarische Idee, die er hier verwirklichen will, ist schnell auf den Punkt gebracht: authentische italienische Küche mit regionalen Produkten, begleitet von ausgesuchten Weinen bester Provenienz. Bei einem kleinen Presse-Menü sorgte Schwägerin Maria Pace, die gute Seele in der Küche dafür, dass die Teller bei aller reduzierten Eleganz den unwiderstehlichen cucina alla mamma-Charme hatten. Jeder Gang war von höchster handwerklicher Perfektion und an die herrschenden hochsommerlichen Temperaturen angepasst. Toni und Riccardo servierten sie mit einer ebenfalls unwiderstehlichen Grandezza hoch 2. Die beiden bewiesen, dass sie den genius loci der Adresse wohl zu nutzen wissen.

La famiglia: Riccardo und Toni mit Maria, der guten Seele in der Küche.


Toni’s Presse-Menü vom 13.8.2020


Für den ersten Hunger: Bruschetta

Carpaccio von Roter Bete mit Fenchel und gebratenen Jakobsmuscheln
So zart kann Gemüse sein

Tatar vom Oldenburger Rind mit Avocado
Intensiver Fleischgeschmack en nature

Ravioli mit Ziegenkäse-Honig-Füllung und Steinpilzen
Nudeln machen glücklich

Steinbutt mit Zitronensauce
Fruchtig, leicht, himmlisch

Zabaione mit Vanilleeis
Darauf einen Eierlikör 



 Nicht vergessen!


Toni’s Gusto Italiano. Hermannstr. 164. 44263 Dortmund-Hörde (am Phoenixsee). Tel. 0175/999 99 34. Mo-Fr 17-23 Uhr, Sa 16-23 Uhr, So 12-22 Uhr.

Der Genießer bedankt sich für die Presse.Einladung.

Sommerfreuden: Casarecce oro siciliano - Pasta mit Bottarga, frittierten Kapern und Tomaten

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Bottarga, oder genauer gesagt, bottarga di muggine, ist eine sizilianische Spezialität. Es sind gepresste Barren aus dem eingesalzenen Rogen der Meeräsche. Uova di cefalo stand italienisch auf der Packung, und auf einmal wusste ich, woher die nordsizilianische Stadt Cefalù ihren Namen hat.

Bottarga wird gerieben über Pasta gestreut.

Bottarga hat eine schöne gold-orangene Farbe und wird deshalb auch das „Gold Siziliens“ genannt. Gerieben wird es am liebsten über gekochte Pasta gestreut, denen es einen würzig-salzigen Fischgeschmack verleiht. Das letzte Mal hatte ich Pasta mit Bottarga vor sieben Jahren gegessen, mit Spagehtti aglio e olio (klick hier), dann mit Spaghetti mit Ölsardinen und Orangenlikör (klick hier). Schon damals hatte mir die Freundin des guten Geschmacks die Bottarga aus Sizilien mitgebracht; doch sie ist auch hier in gut sortierten italienischen Feinkostläden erhältlich.

 Kapernstrauch, Sizilien 1996

Auch die Bottarga, die ich gestern einsetzte, war ein Mitbringsel von Monika aus Sardinien. Allerdings lag sie wohl verschweißt seit zwei Jahren im Kühlschrank. Die sizilianischen Temparaturen von über 30 Grad der letzten Zeit boten dann aber genug Inspiration, die Packung anzubrechen. Ich brauchte zwei Anläufe, um eine ideales Rezept zu finden. Diesmal nahm als Pasta Casarecce, eine typisch sizilianische, eingedrehte Makkaroni-Variante, und die wunderbaren Kapern von der Insel Salina, die noch hatte, sollten ebenfalls zum Einsatz kommen. Allerdings brauchte ich zwei Anläufe: Die erste Version von gestern war schon großartig, doch die heutige das Tüpfelchen auf dem i. Ich frittierte Kapern und Kirschtomaten separat und gab sie erst zum Schluss über die Nudeln. Das gab dem Ganzen noch einmal einen würzigen Crunch. Für den Kick Fruchtigkeit sorgte abgeriebene Orangenschale.

 Erste Version: Noch mit viel Bottarga,
die die Portion leicht bitter machte, und zerkochten Tomaten

Zweite Version: Mit weniger Bottarga und
separat frittierten Kapern und Tomaten

Der Wein dazu war natürlich auch ein Süditaliener, der unvermeidbare Salice Salentino (klick hier).



Rezept: Casarecce oro siciliano - Pasta mit Bottarga, frittierten Kapern und Tomaten
2 Portionen

250 g Casarecce oder kurze Makkaroni
etwas Salz
Olivenöl
1 gehäufter EL Kapern
1 Knoblauchzehe, ganz
8 Kirschtomaten
2 Sardellen
1 Knoblauchzehe in dünne Scheiben geschnitten
½ TL geriebener frischer Ingwer
1 Stück Chilischote, gehackt
1-2 EL gehackte Petersilie
Pfeffer aus der Mühle
Schalenabrieb einer Orange
2-3 EL geriebene Bottarga

Kapern in Salz abspülen und eine Stunde wässern. Kapern in Lake nur abgießen.

Leicht gesalzenes Wasser zum Kochen bringen und die Casarecce sehr al dente kochen, 2 Minuten weniger als auf der Packung angegeben.

In einem kleinen Topf mit geringem Durchmesser Olivenöl geben, bis es 5 mm hoch steht. Erhitzen und eine ganze Knoblauchzehe hineingeben. Kapern darin frittieren, bis sie knusprig sind. Herausnehmen und auf Küchenkrepp abtropfen. Kirschtomaten ebenfalls frittieren bis kurz vor dem Platzen. Darauf achten, dass sie keine Flüssigkeit verlieren. Ebenfalls herausnehmen und abtropfen lassen. Ganze Knoblauchzehe, die braun geworden ist, ebenfalls herausnehmen und wegwerfen.

Das Frittieröl in eine große Pfanne geben und erhitzen. Die Sardellenfiets hingeben und braten, bis sie zerfallen. Knoblauchscheiben, gehackten Chili und gehackte Petersilie dazu geben und kurz durchschmoren. Gekochte Nudeln mit etwas Kochwasser dazugeben und zwei Minuten, umrühren und durchschmoren lassen. Pfanne vom Herd nehmen.

Nudeln auf Teller verteilen. Mit Pfeffer aus der Mühle bestreuen. Mit frittierten Kapern und Kirschtomaten garnieren. Mit geriebener Orangenschale und geriebener Bottarga bestreuen.

 Der Genießer 1996 in Cefalù


Griechenland der Herzen: Taverne Epsilon in Dortmund

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Rosi empfängt ihre Gäste

Das Land der Griechen mit der Seele suchend – dieses Goethe’sche Motto realisierten die 68-er-Studenten in den 1970-er Jahren, als sie sich den Rucksack aufschnallten und über den halsbrecherischen jugoslawischen Autoput ans südöstliche Ende von Europa trampten, um nackend am Strand von Kreta oder Santorini ihre Hippie-Freiheit zu finden. Heutzutage reicht es, auf der A40 nach Dortmund zu fahren, um authentisches Griechenland-Feeling zu erleben, zu Rosi in die "Taverne Epsilon".

 Unter den Augen Einsteins

Gandhi wartet um die Ecke

Und Charlie ist auch dabei

Nein, es ist nicht Goethe, der riesengroß von der Fassade des Eckhauses an der Kreuzung Geschwister-Scholl- und Weißenburger Straße blick, sondern drei wesentlich modernere Klassiker und Vorbilder: Charlie Chaplin, Einstein und Gandhi. „Sie stehen für Lachen, Weisheit und Frieden“, erklärt Rodanti Zissi, die von allen nur Rosi genannt wird. Eigentlich schlägt in ihr ja das Herz eine Künstlerin. Bevor sie vor dreißig Jahren von Westgriechenland nach Dortmund kam, hatte sie als Assistenten eines berühmten Bühnenbildners gearbeitet – „Das heißt, ich habe ihm die Farbeimer nachgetragen“, schmunzelt sie. In Dortmund eröffnete sie mit ihrer Familie an der Geschwister-Scholl-Straße 1991 das Studentencafé „Cartoon“, aus dem 2003 schließlich die „Taverne Epsilon“ wurde. Als sie auf die Idee kam, das Haus, das mittlerweile ihrer Familie gehörte, durch die Porträts der drei Persönlichkeiten im Stil der sog. Murales zu verschönern wurde das ein Kampf mit der deutschen Bürokratie. Erst kam Rosi auf die Idee, die Bilder mir Studenten einer nahen Kunstschule als deren Diplomarbeit zur realisieren. Doch das war das nicht mit den strengen Prüfungsregeln kompatibel, und sie musste den Auftrag anderweitig vergeben. Auch die Hoffnung, vom Förderprogramm der Stadt Dortmund für die Verschönerung der Nordstadt zu profitieren, gelang nicht. Ihr Haus liegt außerhalb des Fördergebiets. Aber mit der ihr eigenen Beharrlichkeit konnte sie sich schließlich mit der Stadt einigen, die ihr Projekt aus einem anderen Topf unterstützte.




 Die Einrichtung zeigt, Theater und Kunst
sind Rosis andere Leidenschaft.

Doch kommen wir zum Eigentlichen der „Taverne Epsilon“, Rosis Küche. Erst wollte ich schreiben, sie sei herrlich frei von dem griechischen Imbiss-Dreikampf Gyros, Souvlaki, Metaxa-Schnitzel. Das stimmt nicht so ganz, denn Souvlaki steht bei ihr auch auf der Karte. Doch anders als bei den Standard-Griechen, kocht Rosi auch bei griechischen Klassikern nach eigenen Rezepten, die sie zum großen Teil von ihrer Großmutter geerbt hat, besonders bei den zahlreichen kleinen Meze-Gerichten. „Ich koche einfach gern“, erklärt sie rundheraus und ist stolz, Autodidaktin zu sein. Dabei beobachtet sie genau, was die kreativen Köche in Griechenland treiben. Besonders der junge TV-Koch Akis Petretzikis hat es ihr angetan, genauso wie der Italiener Ettore Botrini, der in Athen eine Sternerestaurant betreibt. . Nicht von ungefähr wird die „Taverne Epsilon“ vom Restaurantführer „Dortmund geht aus“ immer wieder zum Lokalmatador für mediterrane Küche gekürt.

 Auf Platz 1: Lokalmatador Taverne Epsilon

Um nach dem Lockdown mit folgendem Corona-Sommer durchzustarten, wird es nun den Fisch-Donnerstag bei Rosi geben. Da werden Fischspezialitäten aller Art aufgetischt, Thunfisch, Rotbarben, Octopus und Garnelen – alles das, was Rosis Lieferanten bieten können. Sie schätzt da besonders den Food-Frischemarkt Niggemann in Bochum, aber auch die Metro und ihr umfangreiches Fischangebot. Zur Einführung des Fisch-Donnerstag hatte Rosi zu einem kleinen Presse-Essen eingeladen, um das Konzept vorzustellen. Nach ein paar schönen Meze-Gerichten als Appetizer gab es einen üppig mit Garnelen belegt Teller Nudeln mit Tomatensauce, von dem sich jeder Italiener eine Scheibe abschneiden könnte. Höhepunkt war dann eine hocharomatisch mit verschiedenen Kräutern gewürzte gegrillte Dorade.


 Im Glas: eine fruchtige, an Pfirsich erinnernde Cuvée
aus Sauvignon Blanc und Muscat de Alexendria

Der Genießer wird sicherlich noch einmal den Weg zum Fisch-Donnerstag in die „Taverne Epsilon“ finden. Aber als alter Stockfisch-Freund wird er da auch ein Gericht von der normalen Karte probieren: Bakalaos - Stockfisch mit Kartoffel-Knoblauch-Mousse.

 Auch bei Corona alles im Blick


Das Fisch-Donnerstag-Menü vom 20.8.2020

 

Tzatziki zum Brot


Fava
Mus aus Linsen und Dicken Bohnen mit Kapern und roten Zwiebeln 

Gemischter Salat

Saganaki
Gebratener Schafskäse mit Sesam, Thymianblüten und Tomatenmarmelade

Nudeln mit Garnelen
Die Nudeln verschwanden ganz unter den Meeresfrüchten. Und nach dem Auspuhlen wollte man gar nicht aufhören, sich die Tomatensauce von den Fingern zu lecken. 


Dorade und Lachs vom Grill
Die saftige Dorade war hocharomatisch mit Minze, Rosamrin und Kerbel gewürzt, die Haut schön kross und knusprig,

Filetierte Dorade und Lachs für vier Personen

 
Portionsteller

Gegrillte Gemüse als Beilage

Früchte-Dessert
mit selbst eingelegten Rosinen u.a.

Taverne Epsilon. Geschwister-Scholl-Straße 2, 44135 Dortmund. Tel. 0231/5337080. Di-So ab 17.30 Uhr. www.taverne-epsilon.de

Der Genießer bedankt sich für die Einladung zum Presse-Essen.
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