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Slow Food und Ernährungsrat Essen: Workshop „Alte Kartoffelsorten entdecken und retten“ in Essen

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Kartoffelmagie: Wilfried Stegmann referiert über die Vielfalt der Kartoffel

Die Erhaltung alter Nutztierrassen oder Gemüse- und Obstsorten ist ein Schwerpunkt in der Arbeit der weltweiten Genießervereinigung Slow Food. Das Convivium Essen hat für die Umsetzung dieses Ziels die Arbeitsgruppe „Gute Lebensmittel im Revier“ gegründet, die sich als ein Netzwerk von Produzenten, Händlern und Verbrauchern versteht. In diesem Zusammenhang ist auch der Workshop „Alte Kartoffelsorten – Entdecken und retten!“ zu sehen, den Slow Food Essen gemeinsam mit dem Ernährungsrat Essen am 29. Oktober 2022 im Gemeindezentrum der Johanneskirche im Stadtteil Bergerhausen veranstaltete. In diesem Rahmen wurde auch die „Kartoffel des Jahres 2022“ verkündet.

Ralph Kindel (li.) interviewt Slow-Food-Koch Hendrik Peek

Die vierstündige Veranstaltung erwies sich für die ca. 60 Teilnehmer als eine recht kurzweilige und informative Angelegenheit. Das lag nicht allein an den hochkarätigen Referenten, sondern auch an der Moderation von Kommunikationsfachmann Ralph Kindel, der durch das Programm führte und die Beteiligten interviewte.

Wilfried Stegmann vom Kompetenzzentrum Okolandbau Niedersachsen

Den Anfang machte Wilfried Stegmann vom Kompetenzzentrum Ökolandbau Niedersachsen und Sprecher des Arbeitskreises „Kartoffel des Jahres“. Stegmann referierte über die Geschichte der Kartoffel, die aus Südamerika stammt und seit 400 Jahren auch in Europa heimisch ist. Es gibt unzählige verschiedene Sorten, nicht nur gelbe, sondern auch blaue und rote. Als „alte“ Sorten werden jene Kartoffeln bezeichnet, die älter als 30 Jahre und deshalb ohne Lizenzgebühren angebaut werden. So war Stegmann mit der Aktion „Rettet die Linda“ daran beteiligt, dass seinerzeit diese beliebte Sorte nicht vom Lizenzinhaber vom Markt genommen wurde. Stegmanns Hinweis, dass man eine gute Kartoffelsorte daran erkennen kann, dass sie im gekochten Zustand beim Zerdrücken „Sollbruchstellen“ aufweist, leitete fast schon zum nächsten Programmpunkt über.

 


Slow-Food-Koch Hendrik Peek von der Mausefalle

Da interviewte Ralph Kindel den Mülheimer Koch Hendrik Peek über die Kartoffel in der Küche als „Sättigungsbeilage oder kulinarischen Genuss“. Hendrik Peek betreibt in der Mülheimer Altstadt in einem mehrstöckigen Fachwerkhaus das Restaurant „Mausefalle“, das als eines der wenigen Restaurants im Ruhrgebiet im Slow Food Genussführer empfohlen wird, und ist Mitglied der Slow Food Chef Alliance. Die Gemüse, die er in der „Mausefalle" anbietet, stammen aus eigenem Anbau. Wichtig beim Kartoffelkochen ist das Langsam-Kochen. Bei möglichst niedriger Temperatur muss sich die Hitze bis in die Kartoffelmitte verteilen und gleichmäßig garen – auch wenn das vielleicht etwas länger dauert als die üblichen 20 Minuten.

Natur- und Umweltpädagogin Annika Franzen-Wegener 

Das Stichwort Selbstanbau nahm anschließend die die Natur- und Umweltpädagogin Annika Franzen-Wegener vom Ernährungsrat Essen auf und referierte mit vielerlei Tipps über den „Kartoffelanbau zu Hause“, im Garten oder sogar auf dem Balkon.

Oliver Kornrumpf (Schepershof), Ralph Kindel, Manfred Weniger (Slow Food Essen), Hendrik Peek

Den Abschluss des Vortagsteils machte dann eine Talkrunde mit den Bio-Landwirten Dr. Günter Maas vom Mittelhammshof in Essen und Oliver Kornrumpf vom Schepershof im Windrather Tal in Velbert. Die beiden Bauern berichteten von den Veränderungen beim Kartoffelanbau im Klimawandel und den Möglichkeiten, die sie als Direktvermarkter ihrer Produkte haben.

Wilfried Stegmann und Simone Raskob verkünden
die Kartoffel des Jahres

Feierlicher Höhepunkt des Kartoffelworkshops war dann die Proklamation der „Kartoffel des Jahres 2022“. Die Auszeichnung wird seit 2006 von einem Gremium aus Vertretern deutscher Umwelt- und Verbraucherverbände sowie landwirtschaftlicher Organisationen vergeben. Mitbegründer war Slow Food Hamburg. Die erste Kartoffel des Jahres war 2006 der „Blaue Schwede“, die bislang letzte noch im Vor-Coronajahr 2019 ausgezeichnete war die „Rote Emmalie“. Damit die diesjährige Wiederaufnahme der Auszeichnung einen offiziösen Anstrich bekam, wurde Simone Raskob dazu gebeten, die als Verwaltungsvorstand der Stadt Essen u.a. für die Finaziereung der Aktioen „Grüne Hauptstadt“ verantwortlich war. Simone Raskob verkündete gemeinsam mit Wilfried Stegmann, dass zur „Kartoffel des Jahres 2022“ die Sorte „Agria“ gewählt wurde. Die Sorte passt gut ins Ruhrgebiet: „Agria“ wird besonders gern als Pommes-Frites-Kartoffel und für die Chipsherstellung eingesetzt. Die ausführliche Begründung bringt Wilfried Stegmann in seinem Blog „Blaue Kartoffeln“ (klick hier).

Preisträgerin Agria (re.), Weinberger Schlosskipfler (li.)

Zur Verkostung bereit



Köstliche Ergänzung: Goldleinöl von der Ruhrmühle

Den Abschluss des Workshops bildete dann ein große Kartoffelverkostung, der sich die Teilnehmer mit Appetit hingaben. Die Essener Slowfoodies hatten sechs alte Sorten besorgt und zu wunderbaren Pellkartoffeln verarbeitet, so dass man die verschiedenen Farben, Konsistenzen und Geschmäcker entdecken konnte. Mit dabei war die der diesjährige Preisträger Agria, der Angeliter Tannenzapfen, der Blaue Schwede, Mayan Gold, die Schwarze Ungarin und der Weinberger Schlosskipferl. Zur Geschmacksunterstützung gab es das Goldleinöl von der Essener Manufaktur Ruhrmühle in Bottrop, Tiefensalz aus Natursole der Saline Luisenhall in Göttingen und 40 prozentigen Bioquark.

Slow Food Essen 

Ernährungsrat Essen 


Novemberessen: Schwarze Bandnudeln mit Totentrompeten, Semmelstoppelpilzen, Spinat und Rote Bete. Dazu ein zehn Jahre alter Nebbiolo Langhe

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Eines meiner liebsten Novembergerichte sind die Maronengnocchi mit Totentrompeten, die ich vor vier Jahren gepostet habe (klick hier). Besonders gut in Erinnerung habe ich die dunklen Bilder, die das novemberlich trübe Herbstlicht darstellen sollen. Und so hatte ich die Idee, in diesem Jahr eine Art Variation davon zu machen. Doch da machte mir der spätsommerliche Sonnenschein einen Strich durch die Rechnung. Er zauberte mir diesmal eine Farbenpracht auf den Balkon, die jede Friedhofs-Allerheiligen-Stimmung hinweg fegte.

 
Gegen die Sonne fotografiert kam doch noch etwas Nebel-Stimmung auf

Dabei hatte ich mir doch alles so schön ausgemalt. Grundlage meines Gerichts sollten diesmal mit Sepia-Tinte schwarz gefärbte Tagliatelle sein, auf die ich Ton in Ton die Totentrompeten, jene Pilze, die ein wenig an schwarze Pfifferlinge erinnern, betten wollte. Eleganten Kontrast dazu sollten die goldgelben Semmelstoppelpilze, etwas grüner Spinat und einige Würfelchen Rote Bete setzen. Doch diesmal kamen Bilder mit einer unwirklichen Atmosphäre zu Stande, die die Trauerarbeit an Allerheiligen in völlig neuem Licht erscheinen ließen. Außerdem war mir beim Surfen im Internet für Hintergrundinformationen zum Gericht aufgefallen, dass die französische Übersetzung der Zutaten eine ganz eigene Faszination hervorrief: Les tagliatelles noires avec les morilles de la mort et les pieds-de-mouton– Schwarze Tagliatelle mit Morcheln des Todes und Schafsfüßen (so der französische Name der Semmelstoppelpilze). Das fertige Gericht brachte ein wohliges Umami-Gefühl mit einigen fruchtigen Spitzen an den Gaumen. Die Semmelstoppelpilze hatten eine fleischige, an Schweinsgulasch erinnernde Konsistenz, die die Weichheit von Nudeln und Herbsttrompeten konterkarierte.


Die Pilze und Gemüse hatte ich bei einer Stippvisite ins FrischeParadies in Essen erstanden; die Artischocken und der Radicchio auf dem Bild kamen allerdings nicht zum Einsatz.


Als Getränkebegleitung hatte ich diesmal zwar keinen 16 Jahre alten Barolo, aber immerhin einen zehn Jahre alten Nebbiolo Langhe von der Famiglia Marrone aus der Nachbarschaft des Barolo. Der Wein war bestens in Schuss und hatte nach dem Öffnen eine kräftige Säure, die aber nach etwas längerer Lüftung einer fruchtig dunklen Aromatik wich.


Rezept: Schwarze Bandnudeln mit Totentrompeten, Semmelstoppelpilzen, Spinat und Rote Bete

2 Portionen

Je 2 Hand voll
Spinat
Totentrompeten
Semmelstoppelpize
1 große Zehe Knoblauch
20 g durchwachsenen Speck
etwas Öl
2 Zweige Thymian
1 Ei
geriebene Muskatnuss
3 EL geriebenen Parmesan
2 dünne Scheiben gegarte Rote Bete, ggf. aus dem Glas
200 g schwarz gefärbte Tagliatelle

Spinat waschen, tropfnass in einem Topf geben, erhitzen und zusammenfallen lassen. Beiseite stellen.
Tagliatelle nach Packungsvorschrift in gut gesalzenem Wasser al dente kochen.
Speck klein würfeln und mit einer geviertelten Knoblauchzehe auslassen.
Semmelstoppelpilze in gulaschgroße Stücke schneiden, kleine Exemplare ganz lassen. In etwas Mehlwasser herum wirbeln, damit der letzte Sand heraus gewaschen wird. Abbrausen, mit Küchenkrepp abtrocknen und mit einem Thymianzweig zum ausgelassenen Speck geben. Mit einem Schuss Weißwein ablöschen und bei geschlossenem Deckel 6-7 Minuten schmoren lassen.
Totentrompeten abbrausen in die Pfanne geben und alles noch ein paar Minuten weiter schmoren. Zum Schluss den Spinat untermischen und die gekochten Nudeln dazugeben. Alles warm halten.
Ein Ei mit Muskat und geriebenem Parmesan verkleppern. Mit den Pilznudeln in der Pfanne vermischen. Sie dürfen nicht zu heiß sein, weil sonst das Ei gerinnt.
Rote Bete in kleine Würfel schneiden.
Nudeln auf vorgewärmten Tellern anrichten, mit Pfeffer bestreuen und mit Rote-Bete-Würfeln garnieren.

Südindische Küche: 5 Jahre Restaurant Suvai im Essener Südviertel

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Familienbetrieb: Vino, Sulaxsanan und sein Bruder

Die riesige Straßenkreuzung Freiheit am Südausgang des Essener Hauptbahnhofs ist ein überwältigender Ausdruck der Auto-Dominanz in der Stadtplanung der letzten 60 Jahre. Zu Fuß gehende Flaneure haben es nicht einfach, hier von der Innenstadt zu den repräsentativen Essener Kulturstätten Aalto-Oper oder Philharmonie zu kommen. In den Geschäftshäusern im Schatten der Wolkenkratzer Westenergie Turm (Ex-RWE Turm) und von Evonik findet man kaum Läden mit attraktiven Schaufenstern. So ist es umso überraschender, dass sich ausgerechnet in dem Straßenkarree Rellinghauser und Juliusstraße, Huyssenallee und Freiheit eine ganze Reihe von Spitzen-Restaurants angesiedelt haben: Rino Frattesis La Grappa (klick hier), der Edel-Türke Tablo (klick hier) und der Bilderbuch-Franzose Paul’s Brasserie (klick hier), allesamt Gault&Millau-dekoriert, das chinesische Dim-Sum-Restaurant Jade, die Cocktailbar Daktari und – last but not least- das südindische Restaurant Suvai.




Das Ambiente ist modern und orientalisch

Am 13. November 2022 können Vino und Sulaxsanan Puthisigamany das fünfjährige Jubiläum des Suvai, auf Deutsch „Geschmack“, an der Ecke Rellinghauser und Juliusstraße feiern. Ich erinnere mich noch daran, als die Location ein Italiener war und La Scala hieß, wohl wegen der Nähe zur Aalto-Oper und der Treppe, die mitten im Raum in den Keller führte und von einem riesigen Kronleuchter überspannt wurde. Die Treppe ist immer noch da, doch der Kronleuchter ist einer eleganten, indisch-orientalischen Dekoration gewichen, die das kulinarische Konzept von Vino und Sulaxsanan widerspiegelt.

Ich muss bei dem Ehepaar unwillkürlich an den Helden von Martin Suters Bestseller-Roman „Der Koch“ denken. Wie dieser sind die beiden Tamilen aus Sri Lanka und seit 1993 in Essen. Sulaxsanan machte eine Ausbildung zum Gastronomiefachmann in Großhotels wie dem Holiday Inn in Essen und dem Sheraton Airport Düsseldorf, Vino lernte Systemgastronomie bei Kentucky Fried Chicken. Dieses fachliche Können nutzen sie nun dazu, um ihren Gästen die Küche ihrer Heimat nahezubringen. „Indische Restaurants im Ruhrgebiet machen eher nordindische Küche“, sagt Vino. „Die traditionelle südindische Küche unterscheidet sich jedoch sehr davon.“ Als Küchenchef fungiert Sulaxsanan, der dabei seine große familiäre Koch- und Rezepte-Tradition einbringt.


Grundlagen der südindischen Küche: Reis...


..Kokosnussblüte...

...und natürlich Gewürze

Wichtige Zutaten sind verschiedene Sorten Reis und Kokosnuss, beiden Zutaten hat Vino selbstgemachte Kunstwerke gewidmet, die die Wände zieren. Als Fleischersatz für die zahlreichen vegetarischen Gerichte wird gern die Jackfruit verwendet, eine Frucht mit entsprechender Konsistenz. Aber auch Grünkohl findet man hier. In Südindien wird mit Chilis, Kerala-Pfeffer, Ingwer und Knoblauch gern sehr scharf gewürzt, und so wird der Gast vorher gefragt, wie er es haben will. Wer sich nicht entscheiden kann, dem wird ein Schälchen mit scharfer Sauce serviert, mit der er selbst würzen kann. Die Schärfe, so stark sie auch sein mag, übertüncht jedoch nicht den Einsatz der anderen Gewürze wie Kreuzkümmel, Kurkuma, Koriander und natürlich die kleinen, grünen Curry-Blätter. Viele dieser Gewürze sind Heilmittel in der ayurvedischen Medizin. einer ca. 5000 Jahre alten tamilischen Heilkunde.


 
 Vino demonstriert, wie die Gewürze zerstoßen werden

Zerstoßen werden die Gewürze im Mörser oder auf einem traditionellen Gerät, das einer steinernen Nudelrolle ähnelt. Die Arbeit damit inspirierte Sulaxsanan dazu, eine eigene Kollektion mit Gewürzmischungen herauszubringen, die man im Restaurant bekommen kann. Ein Internetshop ist im Aufbau.


Eigene Gewürzkollektion

Rechtzeitig zu ihrem 5-jährigen Jubiläum stellten Vino und Sulaxsanan bei einem Pressemenü die südindische Küche des Suvai vor. Die Schärfe war europäisch dosiert und gut zu genießen. Interessant war die Weinauswahl, die von Weinfachmann Christian Frigge empfohlen wurde. Die fruchtigsüßen Mosel-Rieslinge konnten sich prächtig gegen die pikant-scharfen Gerichte durchsetzen. Daneben wurden auch die süffigen Cocktails des Hauses serviert und das traditionelle Getränk Lassie aus Yoghurt, das sich als Milchprodukt prächtig als Gegenpol zur Schärfe eignet. Zum Digestif gab es einen Arrak, der aus der Kokosblüte destilliert wurde.

Cocktails und Lassie (m.)

 Südindisches Menü
Suvai, 27.10.2022

 

Suppen

Würzige ayurvedische Suppe mit Gemüse Rasam und Linsensuppe mit Kokos-Cream

 

Vorspeisen


Cutlett
Kartoffelbällchen mit Thunfisch

Rolls
Teigrollen gefühlt mit Lammfleisch-Kartoffel-Masala


Onion Pakoda
Knusprig ausgebackene Zwiebeln mit Cashew und Curryblättern



 
Wein Nr. 1


Hauptgänge

Chedinad Kokos Chicken Curry
Hähnchenbrustfilet in einer milden Masala mit gerösteten Kokosraspeln

 

Biryani
Reispfanne mit Cashew dazu Hähnchencurry und Raita 

Raita (li.) ist eine Tzatziki-ähnliche Yoghurt-Speise

Street Food Classic
In Streifen geschnittene Rotis werden mit Paprika, Weißkohl, Zwiebeln, Lauch und Ei kurz angebraten und mit Lamm Curry vermischt.
Rotis ist indisches Fladenbrot.

Kokos-Nuts Steak
Rinderfilet mit einer Cashew-Kokos Krüste


Srilankan Jackfruit Curry
Jackfruit, Blumenkohl und Spinat in einer Kokos-Tamarinden-Sauce 

 
Wein Nr. 2

 

Desserts

Watalappam
Kokos-Rohrzucker-Pudding

Dates Cake
Srilankischer Dattelkuchen 

Kulfi
Indisches Eis mit Mandeln, Cashew, Pistazien und Kardamom 


Digestif

 
Arrak aus Kokosnussblüten

Suvai Bar & Restaurant. Juliusstr. 4, 45128 Essen. Tel 0201 40870049. Di-Fr 16:30- 21:30 Uhr. Sa & So 12-21:30 Uhr. Mo Ruhetag.www.suvai-restaurant.de

Der Genießer bedankt sich für die Einladung.
Dank an Michael Alisch für die Organisation.

Urbane Landhausküche: Torte von Rosenkohl, Grünkohl und Kartoffeln (vegetarisch)

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Mit Bechamel

Ein wenig aufwendig ist dieses Gericht schon, schließlich werden die Bestandteile Rosenkohl, Grünkohl und Kartoffeln gleich dreimal gegart: erst blanchiert bzw. gekocht, dann in der Pfanne karamellisiert bzw. gebraten und schließlich mit verschlagenem Ei im Ofen gestockt. Aber ich hatte nun einmal Lust, eine Art Torte aus den beiden Winterkohlsorten zu machen, und so war Genießers Bastelstunde angesagt. Um mit den Schneideflächen der halbierten Rosenköhlchen eine interassente Oberfläche zu bekommen, bereitete ich das Ganze als Tarte Tatin zum Stürzen zu.

Karamellisierter Rosenkohl mit Pistazien

Allerdings wollte ich auf einen Boden oder ähnlichem aus Teig verzichten, und so überlegte ich, wie ich dann dem Ganzen den nötigen Halt verleihen könnte. Da griff ich auf das verschlagene Ei zurück, wie ich es bei der italienischen Gemüsepastete Mattonella (klick hier) angewandt hatte. Dazu musste ich die Torte im Wasserbad garen, eine sehr sanfte Methode, bei der aber kaum herzhafte Röstaromen entstehen. So kam ich auf die Idee, alles vorher in der Pfanne zu braten oder zu karamellisieren. Weil die kompakten Rosenkohlröschen und vor allem auch der Grünkohl sehr harte Gemüsesorten sind, schien es mir angebracht, sie vorher zu blanchieren.

Interessante Oberfläche

Um den nussigen Geschmack des Rosenkohls zu unterstreichen, ergänzte ich ihn mit karamellisierten Pistazien und etwas Sesamöl. Den Grünkohl aromatisierte ich durch Chili, Orangensaft und –schale (vergl. hier). Wer möchte, könnte ihn auch in ausgelassenem Speck anbraten oder die mittlere Kartoffellage durch dünne Scheiben von Mett- oder Kohlwurst oder Pinkel ersetzen. Als farblichen Kontrast arbeitete ich noch klein Würfel von gekochter Roter Bete mit ein. Dazu reichte eine Bechamel- und eine leichte Tomatensauce.

Als ich die fertige Torte schließlich anschnitt, fand ich, dass sich die viele Arbeit gelohnt hat. Und schmecken tat es auch noch ganz wunderbar.


Rezept: Torte von Rosenkohl, Grünkohl und Kartoffeln

2-3 Portionen

Rosenkohl:
500 g Rosenkohl, kleine Röschen
1 EL geschälte Pistazien
1 Prise Salz
½ TL Zucker
etwas Butter
1 Schuss Sesamöl

Rosenkohl putzen. In Salzwasser 5-6 Minuten blanchieren, so dass die Röschen noch Biss haben. In eiskaltem Wasser abschrecken. Die Röschen längs halbieren.
Butter in einer Pfanne erhitzen. Zucker hinzugeben und schmelzen lassen. Salzen und etwas Sesamöl zugießen. Die Rosenkohlröschen mit der Schnittseite dazu geben und karamellisieren lassen. Herausnehmen und beiseite stellen.
Pistazien ebenfalls karamellisieren.

Kartoffeln:
300 g Kartoffeln, festkochend
Salz
1 TL Kümmel
Rapsöl

Kartoffeln mit Schale in gut gesalzenem Wasser, dem etwas Kümmel beigegeben ist, in 25 Minuten gar kochen. Abgießen und etwas abkühlen lassen.
Kartoffeln pellen und in 3 Millimeter dicke Scheiben schneiden.
In der Pfanne vom Rosenkohletwas Rapsöl erhitzen. Die Kartoffelscheiben darin bräunen. Aus der Pfann nehmen, dabei aufpassen, dass die Scheiben nicht zerbrechen.

Grünkohl:
200 g Grünkohl
Rapsöl
½ Zwiebel, fein gewürfelt
1 Prise Chiliflocken
½ Knoblauchzehe, gehackt
1 Stück Ingwer, gehackt
Pfeffer, Salz, Muskatnuss
etwas Orangensaft
abgeriebene Orangenschale

Grünkohl von den dicken Rippen und in kleine Stücke zupfen. In Salzwasser 10-12 Minuten blanchieren. In Eiswasser abschrecken und gut ausdrücken.
In der Pfanne von Rosenkohl und Bratkartoffeln Rapsöl erhitzen und darin Zwiebelwürfel anschwitzen, bis sie glasig sind. Chiliflocken, gehackten Knoblauch und Ingwer dazu geben und mit schwitzen, bis die Zwiebeln weich sind. Ausgedrückten Grünkohl dazu geben und alles etwas braten. Mit Orangensaft ablöschen. Geriebene Orangenschale und geriebene Muskatnuss dazu geben und bei geschlossenem Deckel schmoren, bis der der Grünkohl weich ist. Ab und zu umrühren. Deckel abnehmen und die Flüssigkeit etwas verdampfen lassen. Pfanne vom Herd nehmen.

Backen:

1 Form von ¾ l Inhalt, 5 cm hoch
1 genügend große Bratreine für das Wasserbad
Backpapier
Rapsöl
kleine gewürfelte gekochte Rote Bete
3 Eier
Pfeffer, Salz, Muskatnuss

Backofen auf 220 Grad vorheizen.
3 Eier verschlagen, mit Salz, Pfeffer und Muskatnuss gut würzen.
Eine Form von ¾ l Inhalt mit Backpapier ausschlagen. Backpapier mit Rapsöl dünn einpinseln.
Die Hälfte karamellisierten Rosenkohlhälften durch das Ei ziehen und als erste Lage mit dem der Schnittseite nach unten dicht an dicht in die Form legen. In die Zwischenräume die karamellisierten Pistazien geben.
Rosenkohlröschen mit einer Lage gebratener Kartoffelscheiben belegen. Mit geschlagenem Ei einpinseln.
Gebratenen Grünkohl durch die verschlagenen Eier ziehen und auf der Kartoffellage verteilen. Die restlichen durchs Ei gezogenen Rosenkohlhälften mit der runden seit hineindrücken, so dass die Schnittstellen eine glatte Fläche ergeben. Die restliche Kartoffelscheiben darauf verteilen und mit geschlagenem Ei einpinseln.
Form in eine genügend große Bratreine setzen. Bratreine mit kochendem Wasser angießen, bis die Form zu drei Vierteln im Wasser steht. Bratreine in den für 30 Minuten in den vorgeheizten Backofen geben.

Bechamelsauce:

50 g Butter
50 g Mehl
½ l Milch
Pfeffer, Salz, Muskat
Weißwein, Senf

Butter in einem Topf schmelzen lassen, Mehl dazugeben. Umrühren und köcheln lassen, ohne dass die Butter braun wird. Milch dazu gießen, mit Pfeffer, Salz und Muskatnuss würzen und unter häufigem Rühren zwanzig Minuten köcheln lassen, bis sie eindickt und nicht mehr nach Mehl schmeckt. Nach 15 Minuten einen Schuss Weißwein dazu geben und unter umrühren verkochen lassen. Mit etwas Senf abschmecken.

Tomatensauce:
½ Zehe Knoblauch
1 Kräuterbündchen aus Thymian, Oregano und Basilikum
1 Teebeutel mit 10 Pfefferkörnern
Olivenöl
1 EL Tomatenmark
0,2 l Weißwein
Kartoffelstärke

Olivenöl in einem Topf erhitzen, Knoblauchzehe darin anschwitzen, ohne dass sie braun wird. Tomatenmark dazugeben, etwas anschwitzen. Mit Weißwein und etwas Wasser aufgießen, umrühren, bis sich das Tomatenmark aufgelöst hat. Kräuterbündchen und Pfeffersäckchen dazu geben. Bei geschlossenem Deckel ein paar Minuten köcheln lassen, damit Pfeffer und Kräuter ihre Aromen abgeben können. Deckel abnehmen und alles etwas einkochen lassen. Kräuterbund, Pfeffersäckchen und Knoblauchzehe herausfischen. Etwas Kartoffelstärke anrühren, zur Sauce geben und damit binden.

Anrichten:
Würfelchen aus gekochter Roter Bete
Orangenfilets

Gegarte Torte aus dem Ofen nehmen, auf dein Platte stürzen und die Form wegnehmen. Etwas abkühlen lassen. Vorsichtig das Backpapier entfernen. Mit einem Elektro- oder sonstigem scharfen Messer die unschönen Ränder abschneiden, so dass ein rechteckiger Block entsteht. Diesen Block in Portionsblöcke zerteilen.
Auf vorgewärmte Teller Spiegel aus Bechamel- oder Tomatensauce gießen und die Portionsblöcke hinein setzen. Mit Rote-Bete-Würfelchen und Orangenfilets garnieren.

Mit Tomatensauce
 

Bochum-Griesenbruch: 10 Jahre Osteria al Vecchio Torchio

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Ist es wirklich schon 10 Jahre her, dass ich mal eben bei Serena hereinschneite, um für einen kurzen Post, damals noch ohne große Menü-Beschreibung, über die klammheimliche Neueröffnung ihrer „Osteria al Vecchio Torchio“ am Bochumer Springerplatz zu recherchieren (klick hier)? Nun, auch der 10-jährige Geburtstag in diesem Jahr wäre wohl genauso klammheimlich abgelaufen, hätte sie nicht der rührige Kollege Michael Alisch davon überzeugt, noch vor Ablauf des Jubeljahres ein kleines Pressemenü zu veranstalten.

 

Chefin Serena mit Zwergspitzdame Chloë 

 
 
Die namensgebende Weinpresse
 
 
 
Romantik am Springerplatz
 

Gediegen und familiär

Dabei muss sich Serena mit ihrer Osteria überhaupt nicht verstecken, denn immerhin hat sich das Lokal zum Spitzen-Italiener in Bochum entwickelt. Serena stammt auch der Bochum Gastronomen-Familie Corona und war den Bochumern von der gleichnamigen alten Eisdiele am ehemaligen Engelbertbrunnen und vom „San Marco“ in der Huestraße bekannt, als sie 2012 das „Gasthaus zu alten Weinpresse“ im Griesenbruch eröffnete. Vor dem zweiten Weltkrieg fand in diesem ehemaligen Arbeiterstadtteil im Schatten des Bochumer Vereins und der Eisenhütte Heintzmann der größte Wochenmarkt Bochums statt, und aus dieser Tradition heraus sollte das schwierige Image der Gegend Stadtteils westlich der Innenstadt aufpoliert werden. Das gelang in gewisser Weise auch, hackelte aber auch ein wenig. Der Moltkemarkt wurde als freitäglicher Abendmarkt zum Treffpunkt der Bochumer Szene (klick hier), ist zur Zeit aber in den Winterschlaf gegangen. Die Kult-Institution „Café Treibsand“ zog in den großartige umgebauten Weltkriegs-II-Bunker und behauptete sich einige Jahre; doch der 2021 eröffnete Nachfolger „La Bas“ ist laut Google schon wieder „vorübergehend geschlossen“. Im ehem. Gesundheitshaus des Bochumer Vereins eröffnete der Spanier „La Mesa“ (klick hier), der allerdings vom Vermieter gerettet werden musste (klick hier). Immerhin entwickelte sich die nahe Rottstraße mit ein, zwei Kneipen, einem Kleinkunsttheater und dem „Neuland“ (klick hier) zu einem neuen Szenetreff der Stadt, doch auch beim „Neuland“ kam es schon vor einiger zum Betreiberwechsel.



 
 
Sohn Ludovico
 

 
 
Saskia vom Service

Nur der Osteria al Vecchio Torchio scheinen die Zeitläufte nichts anzuhaben. Überall verspürt man die Persönlichkeit der Chefin. Es herrscht eine zwanglose Familiarität, die viele Stammgäste samt ihren Kindern immer wieder anzieht. Die Stimmung schwankt zwischen argusäugiger Autorität und quirliger Kicherigkeit. Sohn Ludovico und Bedienung Saskia regeln beflissentlich und schlagfertig den Service. Dabei schaffen sie es sogar, nicht über Serenas frischfrisierte Zwergspitzdame Chloë zu stolpern, die zwischen ihren Füßen herumflitzt, um mit unwiderstehlichem Charme Leckerlis einfordert, die sie aber nicht bekommt, denn sie ist leider auf Diät.

 
 
Küchenchef Alessio...
 

 
 
...und sein Lieblingskochbuch mit Bochumer Spezialität

Und dann ist natürlich noch die feine italienische Küche des Hauses. Serena kauft die Kostbarkeiten ein, die Küchenchef Alessio Monforte zubereitet. Alessio ist Sizilianer aus Messina und hatte bei verschiedenen Restaurants in der Bochumer Umgebung gearbeitet, bevor er vor fast zehn Jahren bei Serena anfing. „Kochen habe ich bei Mamma und Nonna gelernt“, wischt er die Frage nach seiner Ausbildung mit Grandezza vom Tisch. Zwar macht er gelegentlich auch Gerichte aus den italienischen Regionen, doch seine Art zu Kochen ist ganz und gar nicht „alla mamma“. Wie er etwa das Rinderfilet des Hauptganges behandelt, stellt alle Edel-Italiener, die der Genießer in der letzten Zeit hier im Blog dokumentiert hat, in den Schatten. Zart wie Marzipan, dennoch leicht kernig im Biss, voll von Umami- und Fleischgeschmack. Natürlich ist die Karte der Osteria al Vecchio Torchio geprägt von den beim Publikum so beliebten Standards der italienischen Edelküche wie Carpaccio, Vitello Tonnato, Trüffel, Rinderfilet, Tiramisu und Pannacotta. Doch die Virtuosität und sogar Fantasie, mit der sie bei unserem Menü zelebriert wurden, war umwerfend.

Als normaler Gast sollte man sich also unbedingt auf die Tagesempfehlungen verlassen. Im Gespräch wird deutlich, wie sich Serena den Alltag am liebsten vorstellt. „Der Gast sagt, wieviel er ausgeben möchte, und wir machen dann das Menü dazu“, sagt sie beiläufig

Das Geburtstagsmenü
Osteria al Vecchio Torchio, 16.11.2022



Vorweg
Focaccia mit Cherrytomaten, Rosmarin, Oliven, Knoblauch



Antipasti Misti
Carpaccio, Wild-Garnelen, Vitello Tonnato, Tomate-Büffelmozzarella, Arancini, Gemüse, Pilze, Salat
So eine Platte ist für zwei Personen gedacht, reicht aber lässig für vier. 
 

 
Wein Nr.1
 

Tagliolini al Tartufo mit Parmesan
Klassisch und unübertrefflich. 

 

 Wein Nr. 2

 

Risotto mit Safran-Kürbis, Steinpilzen, Parmaschinken, Garnele
Beeindruckende Aromenkombination und ein optischer Kracher



Wein Nr. 3

 

Wachtelbrust mit Spinat, Kartoffelpüree und Rossinisauce
Klein, fein, luxuriöse. Rossinisauce besteht aus Trüffel & Gänseleber.



Wein Nr. 4


Rinderfilet mit Gorgonzola- und Portweinsauce und Maronen
Großartige Filet-Zubereitung, zart wie Marzipan, dennoch herzhaft im Biss. Im Kontrast dazu die knackigen, dünn gehobelten Maronen (Kastanien)


Desserts



Tiramisu


Pannacotta 

 

 

Osteria al Vecchio Torchio, Springerplatz 34, 44793 Bochum. Tel. 0234/93820137. Mi-So 18-22.30 Uhr. Mo, Di Ruhetag. www.osteria-al-vecchio-torchio.de

Der Genießer bedankt sich für die Einladung.
Dank an Michael Alisch für die Organisation.


Geburtstagsmahl: Im Rieslingdampf gebackener Muttentaler Saibling mit frischem Ingwer und Salbei an Muskatkürbis, blauen Kartoffeln und Endiviensalat

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Die Überraschung dieses Gerichtes war, dass die Kartoffeln blau waren. Ich war eigentlich der Ansicht gewesen, dass es sich unter der dunklen Ackerkrume, die die wenigen Knollen, die ich noch in meinem Kartoffellagertopf fand, die rotschalige Laura mit ihrem gelben Fruchtfleisch verbarg. Doch als ich die Kartoffeln abschrubbte und schälte, stellte sich heraus, das die Schale violett war und das Fruchtfleisch blau. Es handelte sich um einen Rest der Sorte Blauer Schwede, die ich bei dem Slow-Food-Kartoffelworkshop vor drei Wochen mitnehmen konnte (klick hier).

Doch alles von Anfang an. Die krumme Zahl 67 fand ich eigentlich nicht so prickelnd, um diesen Geburtstag mit einem größeren Menü mit vielen Gästen zu feiern. Doch da teilte Vera vom Bio-Laden Gemüse Gebauer (klick hier) mit, dass sie just an diesem Tag verschiedene Arten Forellen aus dem Wittener Muttental im Verkauf hätte. Die Forellenzucht an dem idyllischen Bergbau-Wanderweg hat keinerlei Internet-Präsenz und ist deshalb weitgehend unbekannt, aber herrlich regional. Zu Ostern hatte ich zwei geräucherte Exemplare gehabt (klick hier, auch da schon blaue Kartoffeln) und war begeistert. Also versuchte ich, auf die Schnelle einige Fischfreunde zum gemeinsamen Essen einzuladen, scheiterte aber an Kurzfristigkeit dieser Aktion. Was sich dann durchaus als großes Glück herausstellte, denn ich hätte gar keine Gelegenheit gehabt, mehrere Forellen auf meinem kleinen Herd gleichzeitig fertig zu bekommen.


Zart getüpfelter Saibling aus dem Muttental mit Ingwer und Salbei

Mein Lieblingszubereitung für Forelle ist seit einem Urlaub in Nordportugal das einfache Braten in der Pfanne (klick hier), sinnigerweise in Salbeibutter nach einem Rezept aus dem italienischen Piemont. Mehrere Forellen zuzubereiten hätte aber bedeutet, sie im Ofen backen zu müssen, und das hatte ich noch nie gemacht. Also beschloss ich, erst einmal nur einen Fisch zu kaufen, um das auszuprobieren. Dabei entschied ich mich aber nicht für eine normale Regenbogenforelle, sondern für einen etwa 500 Gramm schweren, zart getüpfelten Saibling. 

Saibling mit gehobeltem Ingwer und Salbei gefüllt

Muskat-Kürbis

In Veras Laden fand ich auch ganz frisch geernteten, regional produzierten Ingwer, der eine herrliche Schärfe gepaart mit fruchtiger Zitrusfrische aufwies und gemeinsam mit frischem Salbei ganz wunderbar zum Saibling passen würde. Und als Beilage eignete sich - zusammen mit Kartoffeln und etwas Endividiensalat - ein handlicher Muskat-Kürbis aus Veras eigener Produktion, den ich ebenfalls mitnahm.

Weitere Zutaten

Beim Durchforsten von möglichen Rezepten entdeckte ich, dass sowohl Saibling und als auch Kürbis im Backofen bei 200 Grad ca. 30 Minuten brauchen, um gar zu werden. Also gab ich beides gemeinsam in den Ofen, aber nicht mit Umluft, weil das den Fisch austrocknen würde. Eine weitere Maßnahme um das zu verhindern war, dass ich genügend Flüssigkeit dazu gab, damit der Fisch im Dampf garen konnte. Heraus kam dann folgendes Arrangement. Auf ein mit Backpapier ausgelegtes Blech auf der unteren Schiene kamen die gewürzten Kürbisspalten. Auf dieses Blech stellte ich eine ofenfeste Schale mit einem Gemisch aus Riesling, Cognac und Wasser, und auf eine höhere Schiene kam der mit Salbei und Ingwer gefüllte Saibling, zart eingemehlt und mit Butterflöckchen versehen, damit er rundum knusprig braun werden konnte. Die flüssige Butter konnte dann auf den darunter garenden Kürbis tropfen. Vielleicht hätte eine Tasse Wasser auch gereicht, aber ich dachte, ein wenig Rieslingaroma würde nicht schaden. Beim Servieren wurde alles noch einmal mit flüssiger Salbei-Ingwer-Butter beträufelt.



Rezept: Im Rieslingdampf gebackener Muttentaler Saibling mit frischem Ingwer und Salbei an Muskatkürbis, blauen Kartoffeln und Endiviensalat

1 Portion

Backofen auf 200 Grad vorheizen.

Saibling:
1 Saibling (oder andere Forelle) 500 g
10-20 Salbeiblätter
1 Stck. frischen Ingwer
Butter
Mehl
Pfeffer, Salz
Zitronensaft
Insgesamt 0,2 l Riesling, 1 Schuss Cognac, evtl. Wasser

Ingwer in hauchdünne Scheiben hobeln. Saibling abwaschen und trocken tupfen. Rundum hauchdünn mit Mehl bestäuben. Die Bauchhöhle des Fisches innen mit Zitronensaft, Pfeffer und Salz würzen. Salbeiblätter und Ingwerscheiben in die Bauchhöhle geben. Einige Ingwerscheiben und Salbeiblätter zurück behalten. Saibling auf ein Gitter setzen und einige Butterflöckchen darauf verteilen.
Eine backofenfeste Schale mit Riesling, Cognac und etwas Wasser füllen.

Muskat-Kürbis:
25 g Muskat-Kürbis
Rapsöl
Salz
Paprika edelsüß

Kürbis halbieren, die Kerne und den Schmodder mit einem scharfkantigen Löffel herausschaben. Kürbis in Spalten schneiden. Mit Rapsöl einpinseln, mit Salz und edelsüßem Paprika würzen. Ein Backblech mit Backpapier auslegen. Kürbisspalten darauf verteilen.

Backen:
Backblech mit den Kürbisspalten auf der unteren Schiene in den auf 200 Grad vorgeheizten Backofen schieben. Die Schale mit dem Rieslinggemisch auf das Blech setzen. Das Gitter mit dem Saibling darüber auf einer oberen Schiene ebenfalls in den Backofen schieben. Alles ca. 25-30 Minuten bei Ober- und Unterhitze backen lassen. Herunter tropfende Butter fällt dabei auf den Kürbis. Keine Umluft verwenden, sonst trocknet der Fisch aus. Am Ende sollte der Kürbis weich seine und der Fisch rundum knusprig gebräunt. Sollte der Fisch nicht braun, eventuell überschüssiges Mehl abpinseln, noch mal ein paar Butterflöckchen darauf legen und auf der oberen Schiene nachbräunen. Der Riesling ist wahrscheinlich verdampft.

Kartoffeln:
100 g Kartoffeln, blaue oder andere
Salz

Kartoffeln schälen und in Salzwasser 25 Minuten lang gar kochen und abgießen.

Salat:
Einige Blätter Endiviensalat
Für die Marinade Pfeffer, Salz, Zucker, Essig oder Zitronensaft, Rapsöl, eine Messerspitze Senf

Salatblätter zerzupfen. Marinadenzutaten in ein Schraubglas füllen und gut durchschütteln. Kurz vor dem Servieren den Salat damit marinieren.

Salbei-Ingwer-Butter:

100 g Butter
zurückbehaltene Salbeiblätter und Ingwerscheiben
Je 1 Schuss Riesling und Cognac

Butter in einer kleinen Pfanne schmelzen lassen und die Salbeiblätter und Ingwerscheiben darin sanft frittieren. Mit Riesling und Cognac vorsichtig ablöschen und etwas verdampfen lassen.

Anrichten:
Auf einem genügend großen, Teller den Fisch legen. Gebackene Kürbisspalten und Kartoffeln dazugeben und mit der Salbei-Ingwer-Butter übergießen. Salat dazugeben oder in einem Extraschälchen servieren.

Dortmund-Huckarde: 1 Jahr „Kerstins. Nordisch-Westfälisch in der Alten Mühle“

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Ungefähr ein Jahr ist es her, dass Kerstin Scheufe-Hanken und ihr Mann Klaus die Alte Mühle in Dortmund-Huckarde übernommen haben (zum Bericht klick hier). Hier an der Rossbachstraße gab es schon immer Gastronomie, zuletzt das englische Restaurant „Maples“, doch im letzten Jahr stand der historische Bau einige Zeit leer. Die beiden waren sofort von den verwinkelten Räumlichkeiten begeistert. Der eigentliche Mühlenraum mit dem durchaus noch funktionstüchtigen Mahlwerk, der Eingangsbereich mit Kneipentheke, ein weiterer Gastraum und ein großer Biergarten schienen wie dazu gemacht, ihr Konzept einer nordisch-westfälischen Küche an die Gäste zu bringen.


Kerstin Scheufe-Hanken und ihr Mann Klaus

Entwickelt hatten sie diese Küchenkombination an ihrer vorherigen Wirkungsstätte in Wetter-Wengern an der Ruhr, dem Geburtsort von Henriette Davidis. Dort betrieben die beiden ein „svenska reaturang“, in dem sie versuchten, die Kochtraditionen der legendären Kochbuch-Queen des 19. Jahrhunderts mit ihrer eigenen Vorliebe für die nordische Küche zu verbinden. Als sich im idyllischen Ruhrtal aber die Perspektiven für ihr Projekt verschlechterten, beschlossen sie, sich auf das Abenteuer einzulassen und in den Dortmunder Norden nach Huckarde zu ziehen. Und das Risiko hat sich gelohnt. 


Funktionstüchtiges Mahlwerk

Gemütliches Ambiente

Viele der alten Stammgäste kommen auch ins neue „Kerstins“, und ebenso wurden viele neue Kunden erreicht. Vor allem freut sich Kerstin, dass die Leute nicht nur kommen, um eben einmal à la carte ein Krüstchen zu essen, wie das Schnitzel in Dortmund heißt, sondern dass auch ihr Menü-Konzept so großen Anklang findet. So gibt es neben einem bis zu sieben Gängen umfassenden Monatsmenü immer wieder Aktionen. Zum Beispiel wird am 15 Dezember das traditionelle skandinavische Lucia-Fest mit selbstgeräuchertem Lachs als erstem Gang und Schweinefilet Strindbergh als Hauptgang gefeiert (laut Kalender eigentlich am 13. Dezember, aber da ist Dienstag und somit Ruhetag), und zum Menü an den Weihnachtstagen kann man sich Gerichte aus allen skandinavischen Ländern zum Hauptgang aussuchen (bitte rechtzeitig buchen).


Menü-Kultur im Gasthaus

Der Erfolg der Menüs ist sicherlich darin begründet, dass jedem alles schmeckt, was im „Kerstins“ auf den Tisch kommt. Der Begriff „Nordisch“ bedeutet hier nicht das, was etwa in vom Kopenhagener Trend-Restaurant „Noma“ inspirierte Sterneköche auf den Tisch bringen, sondern ganz einfach traditionelle skandinavische Küche für die Seele, die sich von der Behaglichkeit nur wenig von den westfälischen Leibgerichten unterscheidet. Zwar gibt es die eine oder andere Zutat, die fast schon exotisch wirkt, doch das liegt daran, dass man in unseren Gefilden gewohnt ist, kulinarische Raffinesse nur im Mediterranen oder Französischen zu verorten. Vielleicht liegt es ja an der überzeugenden Arbeitsteilung, dass im „Kerstins“ alles so lecker ist. In der Küche ist Kerstin für die Konzeption und die kalten Gerichte zuständig, ihr Mann Klaus für das Handwerk und alles Warme.


 Ein Glögg zum Empfang...


...eingeschenkt von Max

So kam es, dass Kerstin und ihr Mann zu einem Presseessen luden und dafür extra an einem Dienstag öffneten. Kellner Max, mit seinen knapp 20 Jahren die dienstälteste Servicekraft im Haus, versorgte Silke Albrecht von der Facebook-Gruppe „Mein (kulinarisches) Dortmund“, Chefredakteur Tom Thelen vom Magazin „Dortmund geht aus“, Presse-Kollege Michael Alisch und den Genießer fürsorglich mit allen Köstlichkeiten des aktuellen Dezembermenüs. Hyggeliger hätte die Vorweihnachtszeit nicht eingeläutet werden können.

Das Dezember-Menü
Kerstins. Nordisch-Westfälisch in der Alten Mühle.
29.11.2022

 
Vorweg
Holunder-Cocktail



Gruß aus der Küche

Selbstgebackenes braunes Brot mit Kürbiskernen, dazu Gänseschmalz
Großes Geheimnis: Das Rezept des lecker-lockeren Brotes stammt aus Irland.


Sauvignon Blanc vom rheinhessischen Weingut Matthias Keth




Vorspeise
Schleife von mit Rote Bete gebeiztem Lachs, etwas Gurkensalat und Rote-Bete-Carpaccio mit Kerstins Honig-Senf-Soße
Verführerisch süß und pikant zugleich, der mit Rote Bete
gefärbte Lachs butterzart.

Weißburgunder vom Weingut Keth

 

Suppe
Capuccino von der Kürbiscrème mit gebratenen
Pfifferlingen und Wirsing-Pesto
Ein Crèmesüppchen, wolkig-leicht mit pikanten Akzenten



Neutralizer
Geeiste Moltebeere an Limonensorbet
Die gelben Moltebeeren wachsen nur im kalten Norden und bilden den fruchtigen braunen Untergrund fürs Eis. Die Blaubeeren sind Deko.


Spätburgunder vom badischen Weingut Knab


Hauptgang
Tranchen von der Gänsebrust an Apfelrotkohl,
Schmorobstratatouille aus Äpfeln, Birnen, Schmorzwiebeln, Cranberries
und gerösteten Mandeln, Kürbis-Stampf

Und wieder eine appetitanregende, wunderbar animierende Kombination aus Süßem und Pikantem zu Zartem.



Dessert
Dreierlei vom Apfel
Sautierte Apfelspalten mit Apfel-Calvados-Eis, Kürbishippe und schwedische Äppeltårta




Abschluss

Dreierlei Käse aus Dänemark, Norwegen und Westfalen
Danablu, Karamellkäse Gudbrandsdalsost, Ziegenfrischkäse
Der Blauschimmelkäse Danablu erinnert an einen französischen Roquefort, der Ziegenfrischkäse stammt aus Haltern. Exotisch der norwegische Karamellkäse, süßich und von fester Crèmigkeit, schön kontrastiert mit knackigem Knäckebrot.


Dazu einen Gustav, ein mit Blaubeeren gebrannte Vodka


Kerstins. Nordisch-Westfälisch in der Alten Mühle. Roßbachstr. 34, 44369 Dortmund-Huckarde. Tel. 01577/1330603. Mo & Do-Sa 18-22 Uhr (Küche bis 21 Uhr). So 10:30-20:30 Uhr (Küche 12 bis 18:30 Uhr) Di & Mi Ruhetag . www.nordisch-westfaelisch-essen.de

Der Genießer bedankt sich für die Einladung.
Dank an Silke Albrecht für die Organisation.

Adventsbacken: Ingwerplätzchen mit Orangen und Datteln

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Ich hatte von meinem Geburtstagssaibling (klick hier) noch etwas von dem regional angebauten Ingwer aus dem Bioladen „Gemüse Gebauer“ in Witten übrig und fand es zu schade, ihn weiter vertrocknen zu lassen. So kam ich auf die Idee, passend zur Adventszeit Ingwerplätzchen zu backen. Zwar fand ich das Aroma des Ingwers nicht so intensiv, wie ich es von so frischer Ware eigentlich erwartet hätte, doch die zarte Zitrussnote und die sanft animierende Schärfe würden zu einem Teegebäck recht gut passen.


Inspirationsquelle Karl-May-Buch

Also forschte ich im Netz herum und entdeckte, dass Ingwer gern mit Zimt, Nelken, Orangen und Datteln verbacken wird, und ich beschloss, all diese Zutaten zu verwenden. Und siehe da, plötzlich stand mir sogar mit „Orangen und Datteln“ ein Buchtitel meines Lieblingsautors Karl May vor Augen. Der hatte nämlich im Jahr 1893 unter dem Titel „Orangen und Datteln. Reisefrüchte aus dem Oriente“ eine Kompilation kürzerer Abenteuererzählungen mit dem Helden Kara Ben Nemsi als Band 10 seiner „Gesammelten Reiseromane“ herausgebracht – ein Titel, der mit seinen kulinarischen Anspielungen schon immer eine besonders poetische Wirkung auf mich ausübte und den ich jetzt endlich in ein Rezept umwandeln konnte. (Übrigens wurde das Buch 1953 im Rahmen von „Karl May’s Gesammelten Werken“ in „Sand des Verderbens“ umbenannt. Mal sehen, vielleicht backe ich demnächst mal einen Sandkuchen.)


Zutaten im Uhrzeigesinn rund ums Ei: Orange, Rapshonig, Zimt, Nelken, Datteln, Ingwer, Rapsol und Dinkelmehl

Ausgerollt und ausgestochen

Rapshonig aus Dortmund

Doch bei allem romantischen Fernweh waren meine Plätzchen eine ziemlich regionale Angelegenheit. Neben dem hier angebauten Ingwer stammte das Rapsöl, das ich anstelle von Butter zum Backen nahm, aus Witten (klick hier) und der fast weiße Rapshonig, mit dem ich süßte, aus einer Imkerei in Dortmund. Das Resultat fand ich zuerst etwas irritierend, aber als mir ein paar Slow-Food-Freunde bei einer kleinen Nikolausfeier am Tag darauf bestätigten, dass die Plätzchen richtig lecker seien, gewöhnte ich mich an die herb-süß-scharfe Nascherei.


Der erste Schnee

Zuerst dachte ich, ich könnte für diesen Post die fertigen Plätzchen und das Karl-May-Buch zusammen auf ein Foto bekommen, aber das wollte mir nicht so recht gelingen. Als über dieses Herumprobieren am letzten Montag der erste Schnee in diesem Winter fiel, setzte ich schließlich das Teegedeck mit den japanischen Motiven, das ich schon als kleiner Junge bei festlichen Kaffeetrinken als Kinderservice benutzte, kurzerhand doch wieder auf den Tisch auf dem Balkon. Doch diesmal füllte ich die Tasse stilecht mit echtem Ingwertee, den ich aus den übrig geblieben Schalen aufgebrüht hatte, und nicht mit mit Wasser und Kondensmilch angerührtem Kaba wie früher. 


Rezept: Ingwerplätzchen mit Orangen und Datteln


30 g frischer Ingwer
50 g Medjoul-Datteln
1 Ei
100 g Rapshonig
80 g Rapsöl
Schalenabrieb von 1 Orange
3-4 Nelken
220 g Dinkelmehl
1 TL Backpulver
2 TL gemahlener Zimt
1 Msp Salz
Orangensaft
Puderzucker

Ingwer schälen und fein hacken. Datteln entkernen und ebenfalls fein hacken.
Ei, Honig und Öl miteinander verrühren. Nelken im Mörser zermahlen und unterrühren, ebenso den Abrieb der Orangenschale.
Mehl mit Backpulver und Zimt vermischen und dazu geben. Eine Prise Salz hinzufügen und alles zu einem Teig verkneten und eine halbe Stunde ruhen lassen.
Backofen auf 180 Grad vorheizen. Den Teig ausrollen und mit einer runden Form Plätzchen ausstechen. Plätzchen auf ein mit Backpapier ausgelegtes Backblech legen und 15 Minuten backen.
Aus dem Ofen nehmen und auskühlen lassen.
Wer will, kann etwas ausgepressten Saft von der abgeriebenen Orange mit genügend Puderzucker zu einem dickflüssigen Zuckerguss verrühren und die ausgekühlten Plätzchen damit einpinseln. Gut trocknen lassen.


Adventsküche: Winterpasta aus Kichererbsenmehl mit geschmortem Spitzkohl, Semmelstoppelpilzen, Walnüssen und frittierten Zwiebeln

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Vor etwas über zehn Jahren erlitt ich einen Gichtanfall und brachte infolgedessen hier im Blog eine Reihe von Rezepten unter dem Motto „Aus der Gichtküche“ mit purinarmen Zutaten (klick hier). Ein schönes Gericht war eine Winterpasta mit Wirsing und Walnüssen (klick hier), das ich einem einschlägigen Gesundheitskochbuch entnahm. An diesem Adventswochenende kam ich auf die Idee, das gesunde Rezept kulinarisch ein wenig zu überarbeiten, indem ich einige Zutaten veränderte. Vor allem wollte ich die Bandnudeln durch meine heißgeleibten sizilianischen Casarercce ersetzen. Doch im Supermarkt meines Vertrauens hatten sie keine aus Weizenmehl, sondern nur welche aus Kicherbsenmehl, und ich dachte, probier die einfach mal aus.

Nicht für jeden gesund: Pasta aus Kichererbsenmehl

Das war leider zu kurz gedacht. Nicht dass sie mir nicht geschmeckt hätten, aber die Idee, mein Rezept als „Aus der Gichtküche revisited“ zu veröffentlichen, konnte ich damit vergessen. Kichererbsen sind zwar glutenfrei und Low Carb, aber als Hülsenfrüchte nicht gerade purinarm und deshalb für Gichtkranke nicht besonders zu empfehlen.


Zutaten: Casarecce, Walnüsse, Parmesan, Curry, Speck, Zwiebel, Spitzkohl, Ei, Knoblauch und Semmelstoppelpilze. Nicht im Bild Kümmel.

Nun denn, so ist ein ganz normales, herzhaft-raffiniertes Wintergericht daraus geworden. Ich wechselte nicht nur die Nudelform aus, sondern nahm statt Wirsing den noch feineren Spitzkohl, den ich, auch nicht gearde purinarm, in ausgelassenem Speck schmorte. Für den Crunch sorgten nicht nur Walnusskerne, sondern zusätzlich auch frittierte Zwiebeln. Die Sauce bestand diesmal nicht aus Schmand, sondern aus mit Parmesan verschlagenem Ei, das ich der Pasta alla carbonara (zur Liste mit kreativen Carbonara-Gerichten klick hier) entlieh. Gewürzt wurde zusätzlich mit Kümmel und Curry. Die neue Fassung war zwar aufwendiger als die alte, aber das lohnte sich auf alle Fälle.

Wer trotzdem ein Gericht aus der Gichtküche zubereiten will, nehme doch einfach Nudeln aus Weizenmehl und schmore den Spitzkohl nicht in ausgelassenem Speck, sondern in Rapsöl.


Rezept: Winterpasta aus Kichererbsenmehl mit geschmortem Spitzkohl, Semmelstoppelpilzen, Walnüssen und frittierten Zwiebeln

2 Portionen

250 g Casarecce aus Kichererbsenmehl
Salz zum Kochen der Nudeln
300 g Spitzkohl
1 TL zerstoßener Kümmel
80 g Semmelstoppelpilze
30 g durchwachsenen Speck
1 Knoblauchzehe
1 Ei
4 EL geriebenen Parmesan
½ TL Curry
Pfeffer
1 Zwiebel
1 EL Mehl
½ TL Zucker
0.1 l Rapsöl
1 Prise Salz
8 Walnüsse

Walnüsse knacken und die Kerne in Stücke brechen.
Spitzkohl in feine Streifen hobeln oder schneiden.
Speck würfeln.
Semmelstoppelpilze putzen und in ggf. in Stücke schneiden.
Zwiebel in dünne Ringe schneiden und in Mehl, Zucker und Salz wälzen.
1 Ei mit dem Parmesan verrühren und mit Curry würzen.
Eine Pfanne erhitzen, die Walnusskerne darin sanft anrösten und in eine Schüssel gben. Etwas Rapsöl in die Pfanne geben und die Pilze darin 5 bis sechs Minuten anbraten. Herausnehmen und in eine zweite Schüssel geben.
Speckwürfel in die Pfanne geben und auslassen. Spitzkohlstreifen und die in zwei Hälften geschnittene Knoblauchzehe dazugeben, mit zerstoßenem Kümmel und wenig Salz würzen und scharf anbraten. Mit einem Schuss Wasser (oder Brühe oder Weißwein) ablöschen, Deckel auflegen und bei niedriger Hitze ca. 10 Minuten schmoren, bis sie weich sind, aber noch Biss haben. Nach 5 Minuten die gebratenen Pilze dazugeben und mitschmoren lassen.
Genügend Wasser zum Kochen bringen, salzen und die Casarecce darin in 9 Minuten nach Packungsvorschrift gar kochen.
In einem Topf 0,1 l Öl erhitzen und die eingemehlten Zwiebelringe darin goldbraun frittieren. Aus dem Öl nehmen, auf Küchenkrepp abtropfen lassen und zu den gerösteten Walnüssen geben.
Wenn die Nudeln gar sind, mit einem Schaumlöffel aus dem Wasser heben und tropfnass zum geschmorten Spitzkohl geben. Beides kurz gemeinsam braten. Von der Herdplatte nehmen und etwas abkühlen lassen, damit das Ei, das jetzt dazu kommt, nicht gerinnt.. Mit der Ei-Parmesan-Mischung verrühren, ggf. mit etwas Nudelwasser geschmeidig machen.
Auf angewärmten Tellern anrichten und Pfeffer aus der Mühle darüber streuen. Die Zwiebeln und Walnüsse darauf geben und mit gehackter Petersilie bestreuen.

In der Weihnachtsbäckerei: Die schönsten Plätzchen-Rezepte des Genießers

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Zum 4. Advent eine Liste der schönsten Weihnachtsplätzchen-Rezepte auf Genussbereit. Nicht nur in der Adventszeit gebacken.

Ein italienischer Klassiker: Amaretti. Klick hier

Orientalisch inspiriert: Windbeutelchen mit Rosen-Pistazien-Vanille-Sahne. Klick hier

Noch was Italienisches: Cantuccini. Klick hier 

Mal was Gesundes: Ingwerplätzchen mit Orangen und Datteln. Klick hier 

Nach Léa Linster: Madeleines. Klick hier 

Ein Klassiker aus Portugal: Pasteis de nata. Klick hier  

Was mit Äpfeln I: Apfelröschen aus Blätterteig. Klick hier 

Was mit Äpfeln II: Apfel-Galettes mit Walnüssen und Salzkaramell. Klick hier

Und zum Abschluss ein paar Bonbons: Butterkaramellen mit Salz und Honig. Klick hier

 

Gerichte für Heiligabend: Beyond Kartoffelsalat

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Kartoffelsalat. Klick hier

Das traditionelle Heiliganbend-Gericht der Deutschen und im Ruhrgebiet ist Kartoffelsalat mit Würstchen. Der Salat lässt sich prima vorbereiten, weil er sowieso ziehen muss, und die Würstchen sind schnell aufgewärmt.

Hier sind die schönsten Alterntiven des Genießers aus seinem Blog. Manchmal etwas aufwendiger, aber immer lecker.

Französischer Klassiker: Pariser Zwiebelsuppe von der Roscoff-Zwiebel. . Klick hier
 

Etwas Bastelarbeit: Ölsardinenbrandade mit Gurkensudhaube an Grünkohlsalat. Klick hier

Effektvoll: Flambierte Entenbrust an winterlichem Salat. Klick hier

Etwas aus Portugal: Bacalhau (Stockfisch) mit Caldo Verde (Grünkohl) und Chouriço (Paprikamettwurst) nach Genießerar. Klick hier
Erfordert Vorbereitung: Einten-Terrine mit Äpfeln. Klick hier
Zur Zeit vilelleicht etwas unkorrekt: Russicher Hering im Pelz. Klick hier




Heiligabend 2022 (beyond Kartoffelsalat): Reibeküchlen von Stockfisch und Kartoffel nach Genießerart mit Kichererbsensalat

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Es ist schon so eine Sache mit der Ironie. In diesem Jahr schien mir Kartoffelsalat mit Würstchen, anscheinend das deutsche Nationalgericht an Heiligabend, medialer präsenter als je zuvor. Das brachte mich auf die Idee, eine Link -Sammlung meiner schönsten Heiligabend-Gerichte aus dem Blog unter dem Titel „Beyond Kartoffelsalat“ als Inspirationsquelle für Kartoffelsalat-Muffel zu bringen (klick hier). Als Aufmacher brachte ich natürlich ein Kartoffelsalat-Bild mit einem Link zu einem Heiligabendpost, in dem aber der dazu getrunkene Riesling im Mittelpunkt steht (klick hier). Das Ergebnis: Die wunderschönen Alternativ-Gerichte wurden kaum angeklickt, während es der Kartoffelsalat-Link es sogar wieder in die Zugriffs-Top-Ten der Rezepte brachte.

Fonseca in Hagen

Und trotzdem hier noch einmal das Beyond-Kartoffelsalat-Gericht vom diesjährigen Heiligabend: Stockfischküchlen mit Kichererbsensalat. Eines mein schönsten vorweihnachtlichen Einkaufsrituale ist nicht der Gang über den Weihnachtsmarkt, sondern der Besuch des portugiesischen Supermarktes Fonseca in Hagen, in dem auch viele einschlägige Restaurants einkaufen. Obwohl er die Größe eines Discounters hat, erinnert er mich der Familienbetrieb immer wieder an die nostalgischen Lebensmittelgeschäfte, die ich bei einem Urlaub vor Jahren in Porto kennen lernte und mit denen sich Portugal noch lange nach EU-Einritt gegen die Invasion der riesigen Supermarktketten wehrte. Hier gibt es neben einer großen Auswahl portugiesischer Weine alles, was man für die portugiesische, brasilianische und auch spanische Küche braucht. Immer sind frische Pasteis de nata da, die berühmten Puddingteilchen aus Lissabon, und vor allem gibt es ständig Bacalhau, den portugiesischen Stockfisch.

Bacalhau

Salatzutaten

Vor ein paar Jahren hatte ich schon einem Bacalhau auf Caldo Verde, Stockfisch auf Grünkohl, gemacht, von dem ich sehr begeistert war (klick hier) Diesmal entdeckt ich im Internet ein Rezept für pataniscas de bacalhau (klick hier), kleine, ausgebacken Küchlein aus gezupftem Stockfisch. Gemeinsam mit dem dazu gehörenden Kichererbsensalat schien mir das eine wunderbare Alternative zum Heiligabend-Kartoffelsalat.

Die Küchlein brutzeln in der Pfanne...

...bis sie knusprig sind

Als ich den Teig aus gewässertem und gekochten Bacalhau, Ei und zubereitete, kam ich beim Abmessen des letzteren kräftig ins Husten. Und so hatte ich die Idee, das Mehl wenigstens zum Teil durch geriebene rohe Kartoffeln zu ersetzen. Und prompt hatte ich die Vermählung einer portugiesischen Spezialität mit einem deutschen Klassiker, dem Reibekuchen oder Kartoffelpuffer, gestiftet! (Übrigens: Hätte ich beim Teigmischen gekochte Kartoffeln und gekochtes Ei genommen, hätte man die Masse glatt als Kartoffelsalat essen können!)


Heiligabend-Wein

Es wurde ein leckeres und stimmungsvolles Heiligabendessen. Stilecht gab es dazu einen portugiesischen Weißwein, einen halbtrockenen Alavarinho 2020 von der Quinta de Aveleda nordöstlich von Porto.


Rezept: Reibeküchlen von Stockfisch und Kartoffel nach Genießerart mit Kichererbsensalat

2 Portionen

Reibeküchlein:
200 g Bacalhau (Stockfisch)
2 Lorbeerblätter
2 Eier
1 Zwiebel
3 Kartoffeln, festkochend
2 EL gehackte Petersilie
1 Tasse Fischsud vom Stockfisch
Mehl
Muskat, Kreuzkümmel
Salz, Pfeffer
Öl
Zitronensaft

Stockfisch mindestens 2 Tage lang wässern, um das Salz heraus zu spülen. Dabei alle 6 Stunden das Wasser wechseln.
Gewässerten Stockfisch mit Lorbeerblättern in kaltem Wasser aufsetzen und 15 bis 20 Minuten kochen, bis er weich ist und sich vom Knochen löst.
Stockfisch aus dem Sud nehmen und abkühlen lassen, Sud aufbewahren. Fleisch von der Haut und vom Knochen lösen und zerzupfen.
Zwiebel in feine Würfel schneiden und in etwas Öl glasig werden lassen, bis sie weich, aber noch nicht braun sind. Kartoffeln schälen und reiben.
Zerzupftes Stockfischfleisch, geriebene Kartoffeln und Eier miteinander vermischen. Mithilfe von Fischsud und Mehl zu einem dickflüssigen Teig verrühren.
Mit Pfeffer und Salz, Muskat und Kreuzkümmel abschmecken.
Gehackte Petersilie untermischen.
Genügend Öl in einer großen Pfanne erhitzen. Löffelweise den Teig hineingeben und flachdrücken, so dass acht Zentimeter große Küchlein entstehen. Vorsichtig auf beiden Seiten goldbraun ausbacken.
Fertige Küchlein auf Küchenkrepp abtropfen lassen. Bis zum Servieren warm stellen, dann mit Zitronensaft beträufeln.

Kichererbsensalat:
400 g gegarte Kichererbsen (dose oder Glas)
10 Cherrytomaten
1 Bund Frühlingszwiebeln
Basilikumblätter
frische Minze
1 TL Olivenöl
1 EL Essig
1 TL Sesam
Kreuzkümmel
Salz, Pfeffer
frische Minze

Die Frühlingszwiebeln waschen und in Ringe schneiden. Kichererbsen abspülen, abtropfen lassen und in eine Schüssel geben. Tomaten waschen und vierteln. Alles in ein Schüssel geben und mischen.
Essig, Öl, Pfeffer, Salz, Kreuzkümmel und Sesam in ein Schraubglas füllen und kräftig schütteln, bis eine Emulsion entsteht. Über den Salat gießen und mischen. Mindestens ein halbe Stunde ziehen lassen.
Vor dem Servieren Basilikum und Minze fein hacken und darüber streuen.

Vegetarische Weihnachten 2022: Genießers Grünkohlcurry mit Süßkartoffeln, Maronen, Äpfeln, Kokosschmand und gebrannten Walnüssen

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Mehr Weihnachten kann gar nicht auf dem Teller sein als bei diesem vegetarischen Gericht, das es am zweiten Weihnachtstag beim Genießer gab. Oder besser gesagt, mehr Weihnachtsmarkt, denn entdeckt hatte ich es auf dem kleinen gemütlichen Maronimarkt, der nach einer Coronapause am diesjährigen vierten Adventssamstag wieder im Biergarten des Café-Restaurants Dolcinella (klick hier) in Essen-Werden stattfand. Am Cateringstand der Schmausbuben (wer immer das sein mag, das Internet schweigt sich aus) gab es als vegane Alternative zum Hirschragout Grünkohleintopf mit Süßkartoffeln und – maronimarktgemäß - Maronen, der dann noch ganz verwegen mit dem griechischen Kartoffel-Knoblauch-Dip Skordalia und Oliven sowie karamellisierten Walnüssen als Crunch kombiniert wurde. Ich war überrascht, wie gut das schmeckte, und dachte sofort, das kochst du nach.

Das Original auf dem Maronimarkt

Also forschte ich im Netz nach einem Gericht aus Grünkohl und Süßkartoffeln, die ich übrigens noch nie zubereitet hatte, und wurde mit einem Grünkohlcurry mit Äpfeln und Räuchertofu fündig (klick hier). Da brauchte ich nur den Tofu durch die Maronen zu ersetzen. Die Äpfel behielt ich bei, denn sie bildeten einen frischen saftigen Kontrast zu den Esskastanien. Denn die bleiben, so gut sie auch schmecken, als ganze gekochte Früchte immer sehr mehlig und trocken. Überhaupt wollte ich die ganze Sache viel saftiger als am Stand haben, wo der Grünkohl anscheinend ein wenig zu lange im Kessel vor sich hin dampfen musste, bevor er serviert wurde. Deshalb verzichtete ich auch auf das kartoffelstampfartige Skordalia als Topping. Um dennoch einen weißen Tupfer als Kontrast auf den Teller zu bekommen, ersetzte ich es durch den festen Schmand aus einer Dose Kokosmilch. Der flüssige Anteil der Milch landete zum Geschmeidigmachen natürlich im Grünkohl.

Zutaten

Auf dem Foto sind zwar frische Maronen zu sehen, doch für das Gericht nahm ich vorgekochte aus dem Vakuumpack. Die verpassten zusammen mit den Süßkartoffeln dem Ganzen eine schmeichelnde Süße, die ich mit den Weihnachtgewürzen Muskatnuss, Kreuzkümmel und Zimt konterkarierte. Für den Crunch kandierte ich übrigens zum ersten Mal in meinem Leben Walnüsse. Sie wurden zwar etwas dunkel, aber zum Glück nicht bitter.

Dunkel, aber nicht bitter: Gebrannte Walnüsse

Gekocht wurde mein Grünkohlcurry zwar schon am ersten Weihnachtstag, gegessen aber erst am zweiten. Denn nicht nur für Sauer-, auch für Grünkohl gilt die Weisheit der alten Witwe Bolte aus „Max und Moritz“: „…für den sie besonders schwärmt, wenn er wieder aufgewärmt“. 



Rezept: Genießers Grünkohlcurry mit Süßkartoffeln, Maronen, Äpfeln. Kokosschmand und gebrannten Walnüssen

2-3- Portionen

300 g Grünkohl
200 ml Gemüsebrühe
200 g Süßkartoffeln
200 g Esskastanien (Maronen), vorgekocht aus dem Vakuumpack
2 kleine Äpfel
2 kleine Zwiebeln
Rapsöl
Pfeffer, Salz
Muskatnuss, Zimt, Kreuzkümmel, Chili
1 Dose (0,2 l) Kokosmilch

Grünkohl waschen und in mundgerechten Stücken von den dicken Rippen zupfen. Rippen entsorgen. Grünkohl in einen Topf geben, Gemüsebrühe angießen. Aufkochen und etwa 30 Minuten köcheln, bis er weich ist. Gegen Ende den Deckel abnehmen, damit die Brühe etwas verdampfen kann. Mit Pfeffer, Salz, Kreuzkümmel und Chili würzen.
Vakuumpack mit den Esskastanien in kochendem Wasser erhitzen, aufreißen und die Maronen entnehmen. Durch das Erhitzen kleben sie nicht mehr aneinander.
Süßkartoffel schälen und in 1 cm große Würfel schneiden.
Äpfel schälen, das Kerngehäuse entfernen und ebenfalls in Würfel schneiden. (Mit Zitronensaft beträufeln, damit sie nicht braun werden.)
Zwiebeln fein würfeln.
Rapsöl in einer Pfanne erhitzen und die Süßkartoffelwürfel darin 10 Minuten braten. Zwiebeln, Maronen und Apfelstücke dazugeben und weitere 5 Minuten mitbraten. Die Zwiebeln sollten weich sein, die Äpfel nicht zerfallen. Mit Muskatnuss, Zimt, Pfeffer und Salz abschmecken. Gekochten Grünkohl dazu geben.
Dose Kokosmilch öffnen und den festen Schmand und die flüssige Milch trennen. Schmand mit etwas Milch verrühren und beiseite stellen. Restliche Milch zum Grünkohl geben und alles aufkochen lassen. Noch einmal mit allen Gewürzen abschmecken.

Gebrannte Walnüsse:
6-8 Walnüsse, geknackt
1 Tütchen Vanillezucker
80 g weißer Zucker
Wasser
1-2 TL Zimtpulver

Ein Backblech oder ein Bartreine mit Backpapier belegen.
Zucker und Vanillezucker mischen auf dem Boden einer Pfanne verteilen. Mit Wasser bedecken. Bei mittlerer Hitze zum Kochen bringen, bis er der Zucker Blasen wirft. Geknackte Walnüsse dazu geben und mit einem Backspatel umrühren. Zimtpulver dazutun. Einige Minuten unter Rühren köcheln lassen, bis der Zucker die Nüsse umhüllt, wieder fest wird und karamellisiert. Vorsicht, heiß! Fertige Nüsse auf das Blech mit dem Backpapier geben und abkühlen lassen.

Anrichten:
Nachdem der Grünkohl durch gezogen und eventuell wieder aufgewärmt worden ist, auf vorgewärmte Teller geben. Mit einem Klecks Kokosschmand versehen und mit gebrannten Walnüssen garnieren. 

Original und Kopie

Aus dem Archiv: Lohnbrand in der Märkischen Spezialitätenbrennerei - Die Harten aus dem Garten

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Der Artikel erschien erstmalig in der Zeitschrift "Ruhrgebeef Frühjahr 2019".


Wer Obstbäume im Garten hat, kennt das Problem. Wohin mit der Ernte? Klaus Wurm von der Märkischen Spezialitätenbrennerei hat die Lösung. Er brennt für seine Kunden daraus ihren privaten Obstbrand. Mehr Region geht nicht.
Von Peter Krauskopf


Die Luft in der engen Schlucht in Hagen-Dahl, etwas abseits des Autobahnzubringers, hat etwas balkanisch Balsamisches. Leicht alkoholisch und süßlich, vielleicht etwas rauchig in der Nase – und in den Ohren meint man sogar das Wiehern und Hufgetrappel von Pferden zu hören. Früher war hier die Dorfschmiede, doch wer jetzt die schwere Schiebetür des alten Gebäudes mit kräftigem Ruck aufreißt, steht gleich inmitten der Märkischen Spezialitätenbrennerei. Da, wo früher die Schmiedeesse war, steht nun ein „Zwei-Personen-Grill“ mit einem Rost von ein Meter zwanzig im Quadrat. „Gerade Platz genug für zwei Männersteaks“, meint Brennerei-Chef Klaus Wurm, und ein breites Grinsen zieht sich über sein graubärtiges Gesicht. „Hinten ist dann noch der Grill für die Vorspeisen mit zwei Ein-Meter-fünfzig-Spießen.“

Doch die Grills sind nur die Requisiten für die kulinarischen Events, die hier stattfinden. Herzstück des Betriebs ist die blinkende kupferne Destillationsanlage, mit der Klaus Wurm seit 2010 seine edlen Destillate produziert. Klaus Wurm ist Hagen-Dahler Urgestein, sein Großvater betrieb ein paar Meter weiter bis in 1950-er Jahr eine Stellmacherei, in der er Kutschen baute. Noch heute werden die Whiskys der Märkischen Spezialitätenbrennerei in Kutschen in die Dechenhöhle zum Reifen gebracht.


Doch den Enkel trieb es erst einmal in die weite Welt. So kam der gelernte Verwaltungsfachmann und LKW-Baumaschinen-Verkäufer bis in die Pfalz und den Schwarzwald, wo er seine Leidenschaft für Obstbrände entdeckte. Zusammen mit seinen Freunden sammelte er das Obst im Garten und ließ es zu Schnaps brennen. „So nahm das Unheil seinen Lauf“, erzählt er selbstironisch. „Während meine Kumpels immer noch ehrbare Handwerker, Kaufleute, Buchhalter oder sonstwas sind, habe ich mich mit meiner Drogenküche hier in Dahl selbstständig gemacht.“

Natürlich geht es da um Whisky, der in den letzten 30 Jahren in seinen lokalen Ausprägungen jenseits von Schottland immer populärer wurde. „Der deutsche Whisky ist im Markt zweifellos angekommen“ stellt Klaus Wurm fest. Und neuerdings ist auch der Gin explodiert, während der gute alte westfälische Korn – bis bei wenigen Ausnahmen - immer noch an seinem Opa-Image leidet.

Doch Klaus Wurms Herz hängt am Obstbrand. Doch der, so sagt er, sei fern davon, vom Umsatz her eine Hauptsäule zu sein. „Obstbrand ist eine Nische in der Nische.“

Eine Nische allerdings, in der die Idee des Regionalen am besten realisiert werden kann. Beim Whisky wird in der Märkischen Spezialitätenbrennerei zwar auf Malz aus Deutschland zurückgegriffen, doch „hier in der direkten Umgebung wächst keine vernünftige Braugerste oder brautauglicher Dinkel“, erklärt Klaus Wurm. Um Malz von eigens angebautem Getreide herstellen zu lassen, sind die Mengen, die seine Brennerei verarbeiten kann, zudem nicht groß genug. Man müsse eine Einkaufsgemeinschaft mit anderen Brennereien und Brauereien bilden, überlegt Klaus Wurm, doch das sei kompliziert. So ist das wirklich Regionale im Hagener Whisky das Wasser, das aus der Privatquelle der in der direkten Dahler Nachbarschaft gelegenen Brauerei Vormann stammt.

Beim Obst für die Brände, Geiste und Liköre der Märkischen Spezialitätenbrennerei ist das anders. „Wir kaufen Äpfel, Zwetschgen, Beeren oder Mirabellen soweit es geht regional“ sagt Klaus Wurm. „Doch in NRW bekomme ich z.B. die Menge an Williams-Christ-Birnen in der Qualität, die ich brauche, nicht am Haufen. Also kaufe ich die in der Gegend um Meran in Südtirol. Und der Ingwer für den Ingwergeist wächst hier nicht. Den kaufe ich in China oder Thailand.“


Region pur findet sich hingegen in den Privatbränden, die Klaus Wurm im Rahmen der Lohnbrennerei für seinen Kunden herstellt. Kennen gelernt hat er das Pfalz. „Da haben mich meine Kumpels angesprochen, magst du mit Äpfel sammeln gehen“, erzählt. Das Streuobst wurde dann eingemaischt und in eine Brennerei gebracht, wo es dann gebrannt wurde. „Man hat das Recht für 50 l reinen Alkohol für den Eigenbedarf. Diesen Alkohol darf man allerdings nicht verkaufen.“

So kam er auf die Idee, so einen Service auch in Hagen-Dahl anzubieten. Und der Zulauf ist überraschend groß. Auf die Frage, wieviel privates Obst er als Dienstleister verarbeitet, deutet Klaus Wurm nur auf die unzähligen Plastikfässer und –container, die auf dem Brennereihof und in der Destillerie stehen. „Das kommt alles von Privatleuten, Bauern und Organisationen wie Naturschutzzentren, die auf Streuobstwiesen Äpfel und Birnen geerntet haben“, erklärt er. „Aus den Sammlungen von Äpfeln, Birnen und Quitten eines Rotarierclubs machen wir z.B. einen Clubbrand, der als Geschenk dient oder für einen guten Zweck verkauft wird.“ Oder die Maische stammt von einem Privatmann, der sagt, ich habe 500 Kilo Obst im Garten und aus dem letzten Jahren noch unzählige Gläser Apfelkompott da stehen und eingefrorenen Apfelkuchen Tiefkühltruhe. Oder es gibt Obstbauern, die große Mengen an Obst haben, das sie im Hofladen nicht alles verkaufen können.

Mindestmenge für einen Brand sind 350 Kilo. Das ergibt 300 Liter Maische, und damit wird die Brennblase einmal voll. Es macht kaufmännisch keinen Sinn, mit 200 oder 220 Kilo Obst zu kommen. „Man kann das Obst anliefern und die Brennerei maischt es ein, oder der Kunde kann sich das Equipment ausleihen und selbst einmaischen“, sagt Klaus Wurm. „Wir können auch Bio-Produkte herstellen. Wenn der anliefernde Betrieb biozertifiziert ist, können wir die Maische verarbeiten, wenn wir bestimmte Auflagen einhalten, obwohl wir selbst nicht bio sind.“

Nicht alles Obst kann man brennen. Beeren und Quittenmüssen vergeistet werden: „Über das Obst wird 96-prozentiger Ethanol gegossen“, erklärt Klaus Wurm das Verfahren. „Durch die Mazeration werden dann die Aromen und Wirkstoffe ausgelaugt, und das dann abgeseiht und gebrannt.“ Für so einen Geist reichen 60 Kilogramm Früchte.

„Beim Brennen holen wir die Aromen eins zu eins aus den Früchten“, erklärt Klaus Wurm. „Bei dem privat anlgelieferten Obst allerdings auch mit allen Fehlern.“ Das Aroma im Destilllat verändert sich im Verhältnis zum Saft aber stark. „Doch die Destillate schmecken so unterschiedlich wie die Äpfel unterschiedlich schmecken“, weiß Klaus Wurm. Ein Boskop- und Delicious -Destillat kann man deutlich unterscheiden. Genauso spielt es eine Rolle, ob der Apfel aus dem Sauerland, der Soester Börde oder dem Mittleren Ruhrgebiet kommt. „Man hat da messbare Unterschiede in Reife und Süße, und so hat man dann auch entsprechende Unterschiede im Ertrag.“


Obstbrände sind natürlich ein hervorragender Begleiter zum Wild. Frucht und Fleisch ergänzen da wunderbar miteinander. „Im Schwarzwald habe ich eine besondere Spezialität kennen gelernt“, schmunzelt er. „Da haben wir Schweineschulter in Obstmaische während der Destillation mitgegart.“

Leider kann er keine Maische direkt kaufen, damit man das zu Hause auszuprobieren. Aber er hat da eine Idee. „Vielleicht lasse ich von einem befreundeten Metzger Wildschwein in Maische zu einem Sauerbraten einlegen, den man dann eingeschweißt kaufen kann.“

Ein weiterer Artikel "Aus dem Archiv":
Neptun Delikatessen Wilken - Straße der Bratheringe (klick hier)

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Aus dem Archiv: Neptun Delikatessen Wilken - Straße der Bratheringe

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Der Artikel erschien ursprünglich 2018 in "Duisburg geht aus 2019" mit Fotos von Andreas Zabel, von dem hier auch das Aufmacherfoto ist. Die restlichen Fotos sind vom Genießer.


Wenn auch Duisburg im Binnenland liegt, als Hafenstadt ist die Niederrheinmetropole an der Ruhrmündung selbstverständlich auch die Heimat einer veritablen Fischfabrik. Bei Wilken am Großmarkt werden in Handarbeit feine Fischdelikatessen für Gastronomie, Supermärkte und Endverbraucher produziert, und das sogar in beachtlichen Mengen.
Von Peter Krauskopf


Seniorchef Gerhard Wilken

Gerhard Wilken hätte das Zeug, jeden Mitbewerber beim Casting für die Werbefigur eines bekannten Fischstäbchen-Produzenten auszustechen. Ein eisgraues Schifferbärtchen umrahmt das Kinn des 71-jährigen, der schmale Schirm einer Kapitänsmütze beschattet die blitzenden Äuglein mit dem Fernwehblick, und wenn er zum Beispiel von seinem 18-Meter-Boot „Moby Dick“ erzählt, das in Wesel an der Marina liegt, so wirkt das wie ein weitaus dickeres Garn als jenes, das ein Seemann in der Hafenkneipe normalerweise spinnt. „Ich liebe meine toten Fische“, lacht er, und erzählt die Geschichte, wie sein Vater und Onkel einst aus dem nordfriesischen Emden nach Duisburg kamen, um genauso wie ihre zahlreichen Geschwister in norddeutschen Städten, auch in Duisburg einen Fischhandel aufzumachen. Und alles wirkt wie jene Anekdoten, die der amerikanische Schriftsteller John Steinbeck in seinem Roman „Straße der Ölsardinen“ über die kalifornische Fischindustriestadt Monterey erzählt.

Heute hat der Inhaber der Fischmanufaktur Neptun Delikatessen Wilken an die 25 Besucher zu Gast, um ihnen sein Reich zu zeigen. Drei bis vier Mal im Jahr lädt Gerhard Wilken zu einer Führung durch die Produktionshallen auf dem Großmarkt unweit des Duisburger Hafens ein, und diesmal finden sich mitten in der Woche hauptsächlich interessierte Ruheständler ein um zu erfahren, woher das kommt, was sie so gern essen.


Der Genießer bei der Führung


Makrelen


Heringe

Eingehüllt in durchsichtige Folienmäntel, mit Schutzhäubchen auf dem Kopf und Überschuhen an den Füßen, betreten die Gäste die Produktionshallen des 8000 Quadratmeter großen Bereichs der Fischmanufaktur durch eine Hygieneschleuse. Zwar vertreibt Wilken je nach Saison frische Fische aller Art wie Karpfen zu Weihnachten, Skrei im Winter oder Scholle im Sommer, Muscheln und edle Meeresfrüchte von Garnelen bis Hummer, und bis vor Kurzem leitete Gerhard Wilkens verstorbener Bruder Rolf auch das renommierte Fisch-Feinkostgeschäft in der Innenstadt, das jetzt aber verpachtet ist, aber immer noch unter dem Familiennamen weiterläuft. Doch Herzstück ist nach wie vor die 1990 im Stadtteil Hochfeld gegründete und seit 2007 im Großmarkt ansässige Manufaktur, in der Räucherfisch, Backfisch, Fischfrikadellen, Bratheringe, Rollmöpse und allerlei Marinaden, das sind eingelegte Fischspezialitäten, produziert werden.



Verarbeitung


Bratheringe

Und das geschieht mit erstaunlich viel Handarbeit. 30 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen beschäftigt Wilken, die präzise die Fische ausnehmen, die Gräten herausschneiden und bei Bedarf filetieren. 250 Tonnen werden hier im Jahr verarbeitet, hauptsächlich Tiefkühlware. „Das Fischfleisch muss fürs Räuchern fett und fest sein“, erklärt Wilken. Und das ist es nur, wenn es in der Saison gefangen wird, wenn die Fische noch keinen Rogen angesetzt oder gar schon gelaicht haben, dann sind sie zur Weiterverarbeitung zu ausgelaugt. Um die Vorräte entsprechend zu lagern, hat Wilken noch extra Kühlhäuser in im Stadtteil Rahm.

Sprotten


Schillerlocken


Bückinge

Geräuchert werden Sommerheilbutt, Lachs oder Makrelen und Sprotten, die Wilken von Lieferanten in Norddeutschland oder Dänemark bezieht, aber auch Forellen. In drei großen Öfen hängen die Fische im Rauch, das Räuchermehl stammt vom Buchen aus dem Harz. Damit sie die wunderbare goldene Farbe bekommen, müssen sie gut vorbereitet und getrocknete sein. Und die Öfen haben selbstverständlich Katalysatoren, um die Abgase zu reinigen. „Das ist bei unserer Größe absolut notwendig“, erklärt Gerhard Wilken. Nur kleinere traditionelle Räuchereien in Norddeutschland dürfen aus Bestandsschutz darauf verzichten.

Backfisch


An großen Fritteusen wird er Backfisch hergestellt. Die dick panierten Seelachsfilets oder auch Heringe werden in reinem Rapsöl ausgebacken. 200 Liter werden davon pro Woche gebraucht – und gehen dann zur Entsorgung in die Kosmetikindustrie, die Hautcrèmes daraus herstellt.

Neben der Produktion der Fischdelikatessen ist der reibungslose Vertrieb der fertigen Produkte die große Aufgabe, die der Betrieb leisten muss. Während der joviale Gerhard die angenehme Aufgabe hat, die Gäste zu betreuen, muss sich sein jüngerer Bruder Jürgen in seiner Eigenschaft als Produktions- und Vertriebsleiter um den kurzfristigen Auftrag kümmern. Die Handelskette Real hat überraschend 300 Kisten Fischfrikadellen bestellt. Und so rotiert ununterbrochen die Frikadellenmischmaschine, und es wird wie am laufenden Band gebacken und verpackt – erst in recycelbare Kunststoffwannen, dann nochmal in besondere Gebindekartons. „Die sind bei Real genormt, denn in ihrem Logistikzentrum im Marl verteilt eine vollautomatische Anlage die Kartons auf die verschiedenen Filialen“, erklärt Wilken.

Im Umkreis von 100 Kilometern und mehr beliefert Wilken mit eigener Wagenflotte seine Kunden, das komplette Niederrheingebiet von Köln im Süden bis ins Holländische im Norden, aber auch nach Osten ins Ruhrgebiet und weiter bis ins Sauerland. Neben Fischfachhändlern gehören auch Handelsriesen wie Real, Rewe oder Edeka dazu, an deren Fischtheken dann die Wilken-Produkte als Fischfeinkost verkauft werden.

Nach der etwa dreistündigen Besichtigung der Produktionsanlagen pellen sich die Besucher aus ihren Hygieneverpackungen und freuen sich auf den kulinarischen Teil der Veranstaltung. In der benachbarten Kochschule von Frank Schwarz hat Fisch Wilken ein kleines Büffet aufgebaut, und so lassen sich Gäste die herausragende Qualität der Bratheringe, Back- und Räucherfische schmecken. Und Gerhard Wilken, der verschmitzte Fahrensmann, hat natürlich noch einige schöne Anekdoten parat. Etwa die, dass die DDR kurz vor ihrem Untergang noch 15 nagelneue Fischtrawler auf der Ostsee in Dienst gestellt hatte. „Die konnten aber nicht in die gesamtdeutsche Fischereiflotte übernommen werden, weil die Toiletten nicht der neuen Norm entsprachen“, meint er kopfschüttelnd. Und dann erzählt er, wie er ein paar Jahre später in Südafrika war, um sich über den dortigen Fischfang zu informieren, und da hätte er genau diese Schiffe wieder entdeckt.

Neptun Delikatessen Wilken e.K.
Auf der Höhe 10, 47059 Duisburg
Telefon: 02 03. 2 89 26 60
Seit 2021 gibt es einen Direktverkauf.
www.fisch-wilken.de

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Aus dem Archiv: Die wilden Rinder an Ruhr und Lippe

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Der Artikel erschien erstmalig in der
Zeitschrift "Ruhrgebeef No. 2" Frühjahr 2017



Umweltschützer kritisieren den Fleischkonsum in erster Linie deshalb, weil bei der Produktion dieses wertvollen Lebensmittels zu viele Ressourcen verbraucht werden. Wie man nachhaltigen Landschaftsschutz und die Erzeugung von exklusivem Rindfleisch sinnvoll miteinander verbinden kann, zeigen die halbwilden Rinder in den Auen von Ruhr und Lippe.

Von Peter Krauskopf



Als ich vor Jahren das erste Mal auf den idyllischen Feldwegen der Ruhrhalbinsel von Hattingen-Winz-Baak spazieren war (klick hier), musste ich an einer Stelle herzhaft lachen. Zwei Schilder sahen aus, als wollte sich hier jemand mit typisch westfälischem Humor über dieses paradiesische Fleckchen Ruhrgebiet lustig machten. Auf einer verwitterten Holztafel stand handgeschrieben „Tal der Gesetzlosen“, und ein paar Schritte weiter warnte eine von einem professionellen Schildermacher hergestellte Blechtafel den einsamen Wanderer, vom Wege abzukommen: „Vorsicht – Freilaufende Auerochsen“.

Die erste Tafel, die vor drei Jahren dem legendären Pfingststurm Ela zum Opfer fiel, stammte noch aus den 1980er Jahren, als die Winz-Baaker den Ausbau der A44 stoppten. Ausgerechnet an der Ruhrhalbinsel sollte die sog. „DüBoDo“ den Fluss mit einer Brücke überqueren und so dieses wunderbare Landwirtschafts- und Naherholungsgebiet zerstören. Der Protest hatte Erfolg. Bis heute gibt es die Autobahn nicht.



Die Auerochsen hingegen gibt es wirklich. Doch wenn man sie sehen will, sollte man sich besser auf das gegenüber liegende Südufer der Ruhr zu Füßen der Isenburg begeben. Radfahrer auf dem dortigen Ruhrtalradweg staunen nicht wenig, wenn sie ihren Blick über den Fluss schweifen lassen und sich plötzlich wie in einem afrikanischen Nationalpark fühlen. Majestätisch schreitet da eine Herde imposanter Rinder von 45 Mutterkühen, ihren Kälbern und zwei Stieren zur Tränke zwischen den Buhnen. Es sind die Auerochsen des seit 1232 hier ansässigen Schultenhofes. Manchmal, aber nur im Sommer, macht Bauer Alfred Schulte-Stade für interessierte Gruppen richtig gehende Safaris zu den quasi wild lebenden Tieren (klick hier).

D.h., echte Auerochsen sind es nicht, denn dieses Wildrind, von dem alle Hausrindrassen abstammen, ist ausgestorben. Das letzte nachgewiesene Exemplar wurde 1627 erlegt. Doch in den 1920er Jahren machten sich die Brüder Heck daran, den Auerochsen zu rekonstruieren, indem sie aus den gängigen Hausrindern alle „zahmen“ Eigenschaften wieder zurück züchteten. So entstand eine Rasse, die landläufig wieder Auerochse genannt wird. Sie ist groß und robust, hat lange Hörner, kann verschiedene Farben haben und lässt sich kaum im Stall halten. (In der Nazi-Zeit erlebten sie eine besondere Wertschätzung, was nicht verschwiegen werden sollte. Doch das ist eine andere Geschichte. Anm. d. Verf.)


Auerochsen an der Ruhr

1993 legte sich Viehzüchter Alfred Schulte-Stade die Auerochsen zu. „Und zwar als Landschaftspfleger“, erklärt der mitteilsame, massige Zwei-Meter-Mann Anfang der Sechziger. Mit seinem Schultenhof, den der gelernte Koch in einen Biobetrieb und ein großes Catering-Unternehmen weiter entwickelt hat, konnte er wieder die Ruhrauen in Hattingen-Winz-Baak bewirtschaften, die lange Zeit der Wassergewinnung dienten, 120 Hektar weitgehend naturnahe Flussaue. „Und eine Beweidung durch Auerochsen war das beste Mittel gegen den Bärenklau.“ Die monströse Pflanze war in den 1970-er Jahren aus Innerasien eingeschleppt worden und hatte im Ruhrtal die besten Bedingungen vorgefunden. Sie vermehrte sich rasant und droht heute die einheimische Fauna zu verdrängen. „Ihre Blüten sind stark selenhaltig, und die Auerochsen benötigen dieses Element zur Stärkung ihres Herzens“, weiß Schulte-Stade. So weiden sie die Pflanzen ab, aber so, dass der Bärenklau nicht wieder nachwachsen kann. Heute findet man auf Schulte-Stades Auerochsenweiden so gut wie keinen Bärenklau mehr.

Neben der Landschaftspflege liefern die Auerochsen aber auch erstklassiges Fleisch, das nachhaltiger kaum produziert werden kann. Die Herde lebt quasi wild das ganze Jahr auf der Weide, bekommt keinerlei Antibiotika und erledigt aufgrund der „Leichtkalbigkeit“ ihre Fortpflanzung völlig autonom. „Die Tiere brauchen keinen Tierarzt“, betont Schulte-Stade.

Auch werden sie durch die Schlachtung nicht in unnötige Aufregung versetzt, sondern sie werden geschossen. So wird ein Adrenalinausstoß vermieden, und das Fleisch bleibt zart. Überhaupt ähnelt es mehr dem Wildfleisch. Es hat einen kernig-würzigen Geschmack, und in Gegensatz zu dem gängigen Edelrindfleisch, dessen Qualität in der Fettmarmorierung liegt, ist es ziemlich fettfrei. Für die Weiterverarbeitung hat Alfred Schulte-Stade ein eigenes Schlachthaus eingerichtet.

Allerdings ist das Auerochsenfleisch nur äußerst begrenzt verfügbar, da nur der Überschuss an Tieren, den die Weiden nicht ernähren könnten, vermarktet wird. So wird das Fleisch nur über den Hofladen vor Ort und den kleinen Verkaufsladen in der Hattinger City verkauft. Die Kunden werden über die Verfügbarkeit durch einen Newsletter informiert, den man auf der Internetseite des Schultenhofs abonnieren kann.

Wie Bauer Schulte-Stade im Süden des Ruhrgebiets, setzt am Nordrand des Reviers die Vogelsang Stiftung ebenfalls auf Landschaftspflege durch Beweidung und ist so ganz nebenbei zu einem Züchter von edelstem Rindfleisch geworden. „Unsere eigentliche Aufgabe ist die Pflege von Flächen, die uns aufgrund der Landschafts-, Forst- oder artenschutzrechtlichen Eingriffsregelung als Ausgleichs- bzw. Ersatzflächen von der Industrie übertragen werden“, erklärt die Landschaftsarchitektin Britta Biermann, die sich um den Viehbestand auf den insgesamt 160 Hektar Stiftungsfläche im Ruhrgebiet kümmert, den satzungsmäßigen Auftrag.

So idyllisch der Stiftungssitz, ein exklusiv renovierter Gutshof in der Lippeaue bei Datteln, auch ist, zeigt seine Lage deutlich das Spannungsfeld, in dem die Stiftung arbeitet. Während südlich der Wesel-Datteln-Kanal als Wasserstraße der Industrie die Landschaft wie mit dem Lineal gezogen durchschneidet, mäandert nördlich die naturnah erhaltene Lippe gemächlich durch die Wiesen. Und um diese und auch andere Ausgleichflächen zu erhalten, setzt die Vogelsang Stiftung wie Bauer Schulte-Stade an der Ruhr Rinder ein.

Allerdings setzt man dabei weniger auf Auerochsen, von denen denen nur etwa fünf den Bewuchs einer renaturierten Halde in Dortmund in Schach halten. In der Lippeaue sind es Rinder der Rasse Aubrac. Die aschblonden Tiere stammen aus dem französischen Zentralmassiv, sind eine Kreuzung des vom Aussterben bedrohten Maraichine-Rind von der Loire und dem Braunvieh aus den Alpen. Wie die Auerochsen sind die Tiere genügsam und widerstandsfähig.

„Wie bei Bauer Schulte-Stade, mit dem wir uns beraten haben, leben unsere Tiere ebenfalls ganzjährig unter nahezu wilden Bedingungen“, erklärt Britta Biermann. Sie ernähren sich ausschließlich von dem, was die Landschaft für sie bereithält: Gräser, Kräuter, Blätter, Eicheln. Nur im Winter erfolgt bei Bedarf eine Zufütterung mit eigenem Heu.


Aubrac-Rinder an der Lippe. Foto: Urbeef

Der unter diesen paradiesischen Bedingungen entstehende Überschuss an Rindern, der den landschaftspflegenden Charakter der Haltung nicht mehr gewährleisten würde, wird einmal im Jahr durch die Dattelner Metzgerei Hauwe geschlachtet. „Auch wir streben an, die Rinder durch Kugelschuss zu erlegen“, erklärt Britta Biermann, „doch da sind noch einige rechtliche Grundlagen zu klären.“

Dass bei so einer extensiven, frei von kommerziellen Zwängen stattfindenden Aufzucht der Rinder ein einzigartiges Fleisch entsteht, liegt auf der Hand. Um es zur vermarkten, wurde die Marke „Urbeef“ gegründet, die auch seit 2017 Fördermitglied von Slow Food ist. Aber wie die Auerochsen vom Schultenhof, ist das Urbeef der Vogelsang Stiftung sehr rar. Um zu erfahren, ob es verfügbar ist, muss man sich auch im Internet anmelden. Sofern vorhanden, wird es in der Vorweihnachtszeit in 10-Kilogramm-Paketen abgegeben. „Fürs nächste Jahr planen wir auch für den Sommer ein Grill-Paket“, verrät Britta Biermann.

Kontakt
www.der-schultenhof.de
www.urbeef.de

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Grünkohl, Gin und Wermutkraut: Kale Martini

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Letztes Jahr um diese Zeit hatte mich das Rezept für eine Wirsing-Kartoffel-Suppe mit Doppelwacholder von Björn Freitag so begeistert, dass ich sie glatt nachkochte (klick hier). Als ich sie für den diesjährigen Silvesterabend noch einmal machte, kam ich auf die Idee, sie in Martini-Gläsern zu servieren, denn diesmal verwendete ich zur Feier des Jahreswechsels keinen Doppelwacholder, sondern einen edlen Gin, von dem ich noch ein Probefläschchen hatte. Und je länger ich darüber nachdachte, entstand die Idee, einen Gemüse-Cocktail daraus zu kreieren. Schließlich ist Gin mit aromatischem Wermut gerührt oder geschüttelt Bestandteil des Cocktail-Klassikers Martini, und beides war im Rezept vorhanden. Die bittere Kräuteraromatik kam bei Björn Freitag nur nicht vom Wermut, sondern vom Estragon.

Variante mit Wirsing

So sehr ich Wirsing auch mag, für den Cocktail wollte ich jetzt jedoch Grünkohl verwenden, der unter seiner coolen englischen Bezeichnung kale längst von der urbanen Hipster-Küche weltweit als Superfood entdeckt worden ist. Den ersten Gedanken, einfach einen Martini zu mixen und damit einen Grünkohl-Smoothie aufzugießen, verwarf ich allerdings schnell. Schließlich wollte ich ja keine Alkohol-, sondern ein Aromabombe haben. Also beschloss ich, den Alkohol zu verkochen und auch den Grünkohl nicht roh, sondern blanchiert zu verwenden. Zusätzlich wollte ich die Bitternote stilecht durch Wermutkraut und natürlich Wacholderbeeren erzeugen.

Getrocknetes Wermutkraut

Wermutkraut gibt nicht nur dem bekannten Likörwein den Namen, sondern wird getrocknet auch als Tee mit heilender Wirkung bei Darmbeschwerden verwendet. Es ist mit dem Beifuß verwandt, jenem Kraut, das allzu fette Gänsebraten bekömmlicher macht. Frische Kräuter gibt es jetzt im Winter nicht, deswegen besorgte ich mir ein Tütchen Tee im Reformhaus. Aber Achtung: Wermutkraut ist ziemlich bitter, sollte also sehr sparsam verwendet werden. Meinem Cocktail gab es eine toughe Note, die zusammen mit der Orangenschalen und Zitronensaft bei Zimmertemperatur sehr animierend wirkte. (Die Reste probierte ich später aufgewärmt als Suppe, doch schmeckte das eher gewöhnungsbedürftig gesund.)

Zutaten

Ob dem Martini-Liebhaber James Bond mein Kale Martini schmecken würde oder ob er seinem Vodka Martini treu bleiben würde, weiß ich nicht – als appetitanregende Aperitif vor einem Menü ist er aber eine witzige Angelegenheit.


Rezept: Kale Martini

4 Gläser

200 g Grünkohl
600 ml Gemüsebrühe
1 Möhre
1 Stück Sellerie
1 Zwiebel
1 Knoblauchzehe
2 Lorbeerblätter
6 Wacholderbeeren
1 Prise Wermutkraut
Rapsöl
dünne abgeschnittene Streifen Schale und Saft einer Orange
1 Schuss Gin
1 Schuss Wermut
Muskatnuss, Pfeffer, Salz, Zitronensaft, Zucker

Zur Deko:
Oliven, Salzzitronen, gegarte Grünkohlblätter

Grünkohl waschen und von den dicken Rippen zupfen. In Gemüsebrühe 10 bis 12 Minuten blanchieren, bis der Köhl schön weich ist. Abgießen und die Brühe auffangen. Grünkohl pürieren, dabei ein paar Blätter für die Deko zurückbehalten.
Möhre schälen, Sellerie putzen. Zwiebel und Knoblauch schälen. Alles in feine Würfel schneiden. Rapsöl erhitzen und die Gemüse darin anschwitzen. Wacholderbeeren plattdrücken und mit den Lorbeerblättern dazu geben und mitschwitzen lassen. Mit Gin und Wermut ablöschen. Alles verdampfen lassen. (Je nachdem, wieviel Alkohol man verdampfen lässt, bekommt das Endergebnis mehr oder weniger ätherische Noten. Man kann die Alkoholika auch ganz weglassen.) Grünkohlbrühe, Orangenschale und – Saft und eine Prise Wermutkraut dazu geben. Alles aufkochen lassen und dann 10-15 Minuten köcheln lassen. Vom Feuer nehmen und abkühlen lassen. Durch ein feines Sieb abseihen.
Diese Brühe mit dem pürierten Grünkohl schön grün färben. Mit Muskatnuss, Pfeffer, Salz, Zitronensaft und Zucker abschmecken.
In Martinigläser füllen und mit Olive, Grünkohlblatt und Salzzitrone garnieren und bei Zimmertemperatur garnieren.

Rezept für ein Herrengedeck mit Grünkohl klick hier.

Nachgekocht: Linsen-Pilz-Kartoffel-Pfanne aus dem Ofen (vegetarisch)

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Was für eine schöne Entdeckung! Da schob ich im Vorratsschrank die Päckchen mit Couscous und Bulgur beiseite und stieß auf ein Packung feinster Alb-Leisa, die sich dort versteckt hatte. Immerhin ist diese seltene regionale Linsen-Spezialität von der Schwäbischen Alb von Slow Food in die „Arche des Geschmacks“ für erhaltenswerte Lebensmittel aufgenommen worden (klick hier).

Was ich damit machen wollte, war mir schnell klar. Ich hatte auf Instagram das Foto eines „Vegan Hotpot with Lentils and Mushrooms“ aus dem englischen Kochblog „Lazy Cat Kitchen“ gesehen, und das mit knusprig gebackenen Kartoffelchips belegte Linsengericht hatte mich sofort überzeugt (klick hier). Zwar wurden da Grüne Linsen verarbeitet, aber letztendlich kann man jede Linsensorte dafür verwenden, nur nicht die geschälten roten bzw. gelben, denn die würden bei der langen Garzeit ziemlich vermatschen. Und ich hatte ja mit meinen Alb-Leisa sogar eine ziemliche Rarität.

Auch das Rezept ist eigentlich nicht zwingend, denn man kann als Basis jegliche Art von Linseneintopf nehmen, den man allerdings nicht ganz so flüssig wie eine Suppe zubereiten sollte. Ich hielt mich aber ziemlich an die Vorlage, die immerhin vegan daher kam. (Ob mir das gelungen ist, weiß ich nicht, denn der von mir verkochte Weißwein war bestimmt nicht vegan hergestellt.) Das Rezept verzichtete natürlich auf Speck, sondern holte sich die Umami-Note für die Seele durch das Abschmecken mit geräuchertem Paprikapulver (ich hatte nur edelsüßes), Soja- und Worcestersauce. Ich kam nicht umhin, auch noch ein paar Tropfen Trüffelöl dran zu tun (als Ergänzung zu den Pilzen), und natürlich meine Lieblingszutat für Linsen, Orangenschale.

Zutaten rund um die Linse: Karotte, Schalotten, Sellerie, Knoblauch, Kartoffeln, Pilze und Thymian

Der Clou aber waren die knusprigen Kartoffelchips, die alles krönten. Die entstanden, weil alles in zwei Stufen im Ofen gebacken wurde. Erst abgedeckt bei 180 Grad, und dann noch einmal ohne Deckel bei 220 Grad. Das dauerte zusammen 40 Minuten, so dass die Linsen wunderbar durchzogen und die Kartoffeln herrlich aufknusperten. Dafür eignete sich die vorwiegend festkochende Sorte Laura ganz ausgezeichnet.


Heraus kam ein herzerwärmendes, vollwertiges Hauptgericht mit Soulfood-Status, zu dem ein Gläschen von dem verkochten Mosel-Riesling wunderbar schmeckte. Aber ich könnte es mir auch wunderbar als Beilage zu Kurzgebratenem oder Gegrilltem vorstellen.


Rezept: Linsen-Pilz-Kartoffel-Pfanne aus dem Ofen
4 Portionen

150 g Linsen
4-5 Kartoffeln, festkochend oder vorwiegend festkoched
1 große Karotte
1 Stück Sellerieknolle
250 g Champignons
125 g Shiitake Pilze
Rapsöl
2 Schalotten
2 Knoblauchzehen
Thymian
Zironensaft
200 ml Pilzfond
1 EL Soyasauce
200 ml Pilzfond
1 TL Worcester Sauce
3 TL Balsamessig
120 ml Weißwein
abgeriebene Schale einer Orange
Trüffelöl
1 TL Paprika süß
Pfeffer, Salz
Kartoffelstärke

Linsen waschen, mit Wasser bedecken und in (je nach Sorte) 20 Minuten bissfest kochen.
Kartoffeln schälen, in 3 Millimeter dicke Scheiben hobeln und 4 Minuten in Salzwasser blanchieren. Abgießen und kalt abschrecken.
Pilze in Stücke schneiden. Karotte und Sellerie nicht zu fein würfeln. Schalotten würfeln, Knoblauch in Scheiben schneiden.
In einer Pfanne Rapsöl erhitzen, Schalotten darin glasig braten. Knoblauch und Thymianblätter dazu geben und kurz mitbraten. Pilze dazugeben, mit Zitronensaft bespritzen und bei geschlossener Pfanne sautieren, bis sie braun werden. Ab und zu umrühren.
Jetzt die Karotten und Selleriewürfel und die gekochte Linsen dazu geben. Mit Pilzfond aufgießen, abgerieben Orangenschale dazugeben und kurz durchköcheln lassen. Mit Balsamessig, Soja- und Worcestersauce, Weißwein, Pfeffer, Salz und edelsüßem Paprika und ein paar Tropfen Trüffelöl abschmecken. Mit wenig angerührter Kartoffelstärke etwas binden und vom Herd nehmen. Noch einmal salzen.
Wenn die Pfanne nicht ofenfest ist, eine Auflaufform mit Rapsöl ausstreichen und die Linsen einfüllen. Glattstreichen und leicht überlappend mit den Kartoffelscheiben belegen. Mit Alufolie oder einem Deckel abdecken und 20 Minuten bei 180 Grad im Ofen backen.
Die Pafnne herausnehmen und den Ofen auf 220 Grad hochschalten. Abdeckung entfernen und die Kartoffeln mit Rapsöl einpinseln. Mit grobem Salz und einer Prise Thymian bestreuen.
Ohne Abdeckung wieder in den Ofen stellen und bei 220 Grad ca 30 Minuten fertig backen, bis die Kartoffeln goldbraun und knusprig sind.

Essen-Werden: Trüffel-Menü bei Enzo im „Da Giulia“ auf dem Campingplatz

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Enzo Errico und sein Sohn Gianluca

Selten war mir nostalgischer zumute als bei meinem ersten Besuch bei Enzo Errico in seinem Restaurant „Da Giulia“ im Sommer vor zwei Jahren. Das Haus befindet sich auf einem Campingplatz an der Ruhr in Essen-Werden, wir saßen bei wunderbar blauem Himmel auf der Terrasse und uns wurde quasi als Zugabe zu Enzos feiner Küche das bunte Treiben an der Einfahrt des Campingplatzes serviert. In meiner Fantasie verschmolzen die Erinnerungen an einen Familienurlaub an der Adria in den 1960-er Jahren mit Einstellungen aus Fellini- und Don-Camillo-Filmen zu einem einzigen Bilderbuch, und das Essen schmeckte noch einmal so italienisch (klick hier). 





Italienische Bürgerlichkeit gefiltert durch Gelsenkirchener Barock

Eigentlich wollte ich irgendwann bei sommerlichen Temperaturen noch einmal kommen, doch es sollte der kalte Januar dieses Jahres werden, bis es endlich soweit war. Kollege Michael Alisch, der für Enzo etwas Öffentlichkeitsarbeit macht, hatte mich zu einem Arbeitsessen ins „Da Giulia“ eingeladen. Es dämmerte schon sehr, als ich eintraf, auf der kalten, verwaisten Terrasse waren die Plastikstühle aufgestapelt und der Eingangsbereich des Campingplatzes wirkte etwas improvisiert, weil die sanitären Anlagen über den Winter renoviert wurden. Doch als ich durch die zugige Eingangstür in den dämmrig-gelblich ausgeleuchteten Gastraum trat, musste ich wieder an einen lange zurück liegenden Italienurlaub denken. Mir fiel ein Besuch in der Villa Sant‘ Agata ein, dem Wohnhaus von Giuseppe Verdi in der Emilia-Romagna. Davon habe ich allerdings keine Fotos, sondern nur verblasste Erinnerungen. Denn damals in den vordigitalen Zeiten brauchte man noch Filme, um Bilder zu speichern, und die waren in jenem Urlaub längst anderweitig verknipst.

Doch als die Tische und Stühle, Dekostücke und Bilder durch meine beschlagene Brille immer erkennbarer wurden, bemerkte ich, dass es hier nicht um die pompöse italienische Bürgerlichkeit des 19. Jahrhundert ging, sondern genauso gut um den Gelsenkirchener Barock. So hatten auch die Einrichtungen im Ruhrgebiet ausgesehen, Anfang der 1950-er Jahre, kurz bevor die Moderne des Wirtschaftswunders Einzug in die Wohnzimmer gehalten hatte – die ideale Kulisse für Enzos Version von feiner italienischer Küche.



Die Arbeit unseres Arbeitsessens bestand in erster Linie darin, die sechs Gänge von Enzos Trüffel-Menü zu verspeisen. Wenn auch der edle Pilz in der Gourmet-Küche einen Ruf wie Donnerhall hat, bei Enzo wurde das mit jener nonchalanten Unprätentiösität konterkariert, mit der er sich schon früher in seinen Restaurants in Mülheim ein Stammpublikum erkocht hatte. Mit leichter Hand kombinierte er feinste Zutaten mit Aromen von Trüffelcrème und Trüffelmayo, etwa hauchdünn geschnittenen rohen Thunfisch mit Pancetta (eigentlich war Lardo angedacht, doch die feine weiße Speckspezialität war nicht zu bekommen) oder Rotgarnelen und Bunte Beete. Dabei konnte es sein, dass sich bestimmte Geschmacksperlen auf dem Teller unter etwas banaleren Zutaten versteckten, etwa die im Tempurateig gebratenen Jacobsmuscheln unter den Rucolablättern im Trüffel-Risotto. Wenn frisch gehobelte Trüffel zum Einsatz kamen (von denen ich mir durchaus mehr gewünscht hätte, aber wünschen kann man ja viel), waren es schwarze aus dem Perigord oder weiße aus Alba.


Den Gipfel bildete dann der Hauptgang, auch in der Kombination von edlen Zutaten und einfachster Präsentation. Zu auf den Punkt gebratenen Tournedos aus Kalbsfilet gab es eine Scheibe Foie gras, weißen Alba-Trüffel und zarte Tagliatelle. Ich glaube schon, dass auch Verdi davon begeistert gewesen wäre. Doch es war sein Komponisten-Kollege Rossini, für den einst ein Pariser Koch diese Zutaten zu einem Burger-artigen Türmchen aufstapelteund damit der Feinschmeckerwelt den Klassiker „Tournedo Rossini“ schenkte.

Trüffel-Menü
„Da Giulia“, 20.1.2023



Tatar vom Rinderfilet mit Mini-Bruschetta, getrüffelt, Salatbouquet mit Trüffelmayo



Kaltes Paillard vom Thunfisch mit Paprikacreme,
Pancetta und Trüffelkaviar

Überraschende Kombination von Thunfisch und Speck. Ursprünglich war anstelle des Pancetta der feinere Lardo vorgesehen.



Carpaccio von der Rotgarnele (Wildfang), Bunte-Beete Salatvariation mit gehobeltem Perigord Trüffel
Die Kombination von Rotgarnele mit der Bunten Beete war eine spontane Entscheidung. Deren Erdigkeit passte gut zum Trüffel.


Trüffelrisotto mit gebratenen Jacobsmuscheln in Tempurateig
Die hübschen Jacobsmuscheln hätten etwas imposanter präsentiert werden können.

Tournedos vom Kalbsfilet mit Foie Gras,
weißem Alba-Trüffel und Tagliatelle
Understatement pur. Die edlen Zutaten und Aromen kamen wie ein Gericht der cucina povera daher.



Weißer Cremoso al Cioccolato auf salzigem Schokokrokantboden
mit Früchten und geriebenen Trüffeln


Nicht unbedingt teure, aber gut ausgewählte Weine bildeten die Getränkebegleitung.


Da Giulia. 45239 Essen. Löwental 67. 0201 17171064. Di-So 17-22 Uhr. www.trattoriadagiulia.de

Der Genießer bedankt sich für die Einladung.


Resteessen: Bacalhau mit Kichererbsen nach Genießerart

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So richtig im Sinne des Erfinders war die Sache ja nicht. Heiligabend war bei der Zubereitung der Stockfisch-Küchlein auf Kichererbsensalat (klick hier) ein Stück Bacalhau übrig geblieben, jene eingesalzene und getrocknete Kabeljau-Spezialität aus Portugal, die man eigentlich eine Ewigkeit aufbewahren kann. Dummerweise hatte ich es aber schon gewässert und pochiert, so dass ich mir nicht anders zu helfen wusste, als den schönen Rest bis zur weiteren Verwendung erneut zu konservieren und im Tiefkühler einzufrieren. Nun ja, nachhaltig geht anders.

Jetzt hatte ich endlich Lust, den Bacalhau-Rest zuzubereiten. Ich hatte in Domenico Gentiles Blog „Cooking Italy” das recht einfache Rezept für „Baccalà e Ceci alla calabrese“ gefunden (klick hier), bei dem Baccalà, die italienische Variante von Bacalhau, ebenfalls mit Kichererbsen zubereitet wird. Und da ich davon auch noch ein Glas übrig hatte und ich anstelle der im Rezept vorgesehenen passierten Tomaten zerdrückte Dosentomaten, die ich sowieso immer im Haus habe, nehmen konnte, war also ein wunderbares Resteessen perfekt.

Zutaten: Kichererbsen, Dosentomaten, Bacalhau, Chili, Salbei und Rosmarin, Knoblauch. Zwiebel

Wobei Domenicos Version natürlich authentischer ist, denn er nimmt getrocknete Kichererbsen, die er im gleichen Wasser quellen lässt, in dem er auch seinen Baccalà wässert, und ihnen somit eine ganz eigenen Geschmack verleiht. Da das Wässern des Fisches bei mir wegfiel, kamen mir die vorgekochten Kichererbsen aus dem Glas nur zu Recht. Doch um die Aromaintensität des Gerichtes zu erhöhen, kippte ich einfach den letzten Schluck Wermut von meinem Grünkohl Martini (klick hier) mit in die Sauce – das ist schließlich auch eine Resteverwertung.


Das fertige Gericht brachte mir schließlich die ganze Aromatik und den Sonnenschein Süditaliens in diesen trüben Januartagen auf den Tisch. Dazu hätte natürlich mein Lieblingswein, der apulische Salice Salentino gepasst (klick hier). Doch diesmal gab es, wortspielerisch zum Bacalhau, einen Wein von Bacalhôa, einem der größten portugiesischen Weinerzeuger mit Sitz auf der Península de Setúbal vor den Toren Lissabons. Er wird aus der Rebe Alicante Bouschet gekeltert und weist eine ähnliche dunkle Farbe und ähnliche Aromen von Trockenpflaumen und Minze auf wie der süditalienische Salice Salentino aus Negroamaro.

(Kleiner Nachsatz: Ich bringe ja öfter Rezepte mit Bacalhau und übersetzte dieses Wort meist mit Stockfisch. Richtiger wäre Klippfisch, denn Stockfisch bezeichnet auf Stöcken getrockneten, nicht eingesalzenen Fisch, während Klippfisch eingesalzen auf den Klippen ausgebreiteten und getrockneten Fisch bezeichnet. Aber irgendwie ist mir das Wort Stockfisch geläufiger, und auch der portugiesische Supermarkt meines Vertrauens bezeichnet auf seinen Etiketten Bacalhau auf Deutsch als Stockfisch.)


Rezept: Bacalhau mit Kichererbsen nach Genießerart

2 Portionen

300 g Baccalà, Bacalhau oder Klippfisch
1 kleines Glas Kichererbsen
1 kleiner Bund Salbei
3 Zweige Rosmarin
1 TL Chiliflocken
1 Zwiebel
l Knoblauchzehe
1 kl. Dose geschälte Tomaten (400 g)
Pfeffer
Olivenöl
1 Glas Weißwein oder Wermut (nach Belieben)

Bacalhau drei Tage lang wässern, um das Salz auszuspülen.
Zwiebel fein würfeln, Knoblauchzehe in dünne Scheiben schneiden, Salbei und Rosmarin von den Zweigen zupfen und fein hacken.
Olivenöl in einer Pfanne erhitzen. Zwiebelwürfel darin anschwitzen, Knoblauchscheiben und gehackte Kräuter zugeben und etwas mitschwitzen lassen. Mit einem Schuss Weißwein oder Wermut ablöschen. Dosentomaten dazugeben und zerdrücken. Kichererbsen dazugeben. Umrühren und etwas einköcheln lassen. Eventuell etwas Wasser dazu geben.
Klippfisch in mundgerechte Würfel schneiden und dabei Gräten entfernen. Mit der Hautseite nach unten in die Pfanne legen und in der Tomaten-Kichererbsensauce bei niedriger Temperatur 10-15 Minuten garziehen lassen. Fischstücke wenden.
Ein paar Löffel Tomaten-Kichererbsen-Sauce abnehmen, pürieren und als Bindung wieder zurück in Pfanne geben. Umrühren.
Zu servieren Klippfisch mit Kichererbsen in tiefe Teller geben, mit etwas Olivenöl beträufeln und mit gehackten Kräutern bestreuen.
Dazu schmeckt geröstetes italienisches Landbrot.

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